Erstens kommt es anders, und zweitens als man denkt. So bin ich also jetzt auf meiner ersten Kreuzfahrt mit dem neuesten Schiff der Carnival Cruise Line, der Carnival Horizon.
Irgendwie passend. Reisen bildet, erweitert den Horizont und baut Vorurteile ab. Letztere können aber auf einem amerikanischen Schiff mit weit überwiegend amerikanischen Gästen während einer Thanksgiving-Reise sehr wohl ihre Bestätigung finden. Beim Kapitäns-Empfang erfahre ich, dass das Schiff das „most environment friendly ship“ der Reederei ist und sogar einen Umwelt-Offizier sein Eigen nennt. Damit sind meine ersten Bedenken, ob der Umweltfreundlichkeit dieser Art des Reisens zumindest gemildert.
Die Erweiterung des Horizonts
Die Erweiterung meines Horizonts beginnt bereits mit Grand Turk, die größte der Turk-Inseln. Wenn ich ehrlich bin, habe ich von dieser Insel vor dieser Reise nie gehört.
Für mich als Spätaufsteher erscheint mir die Ankunft um 7 Uhr morgens und der Aufenthalt bis 13:30 Uhr dann doch arg früh und zu kurz, als dass ich mich darauf einlassen möchte und so plane ich eigentlich einen weiteren entspannten Tag an Bord, schließlich muss man das Schiff ja auch voll auskosten.
Aber es sollte – wie so einiges auf dieser Reise – anders kommen als geplant oder gedacht.
Dem Jetlag sei Dank, bin ich bereits bei Sonnenaufgang wach und genieße die Hafen-Einfahrt live von meinem Balkon bei aufgehender Sonne. Welch ein Schauspiel für einen Kreuzfahrt-Neuling wie mich. Natürlich muss ich jetzt doch raus und mindestens barfuß am Strand spazieren, um die Karibik unter meinen Füßen zu spüren.
Zugegeben, der Anlegehafen besteht aus nicht viel mehr als der zollfreien Ankunftshalle sowie vielen Lädchen und Boutiquen für den geneigten Touristen. Selbst eine Poolanlage mit Liegen ist vorhanden, aber wer braucht einen Pool, wenn die Karibik der Reisegrund ist?
Eine Frage der Perspektive
Vom Strand aus betrachtet fällt einem erst richtig auf, mit welch einem Schiff ich da auf dem Meer unterwegs bin. Riesig, auch wenn die Carnival Horizon bei weitem nicht das größte Kreuzfahrtschiff ist. Beim Ablegen im geschäftigen Hafen von Miami durfte die Symphony of the Seas von Royal Caribbean vor uns auslaufen. Und im direkten Vergleich mit dem aktuell größten Kreuzfahrtschiff hatte ich fast das Gefühl auf einem kleinen Pott unterwegs zu sein.
Aber ohne diesen unmittelbaren Vergleich und zumal vor dem Hintergrund einer pittoresken kleinen Karibik-Insel sind auch die Ausmaße der Carnival Horizon mit einer Länge von 324 Metern und den 15 Decks beeindruckend.
Auf dem Rückweg vom Strand zum Schiff fällt mein Blick plötzlich auf eine Raumfahrtkapsel samt Astronauten, die ein beliebtes Fotomotiv ist. Aha, also doch, typisch Disneyland für die amerikanischen Mitreisenden.
Aber weit gefehlt, hier habe ich offensichtlich eine Bildungslücke. Vor Grand Turk landete die Raumkapsel von John Glenn, dem ersten Astronauten Amerikas, der die Erde insgesamt dreimal umkreiste, und die Insel sollte eine Zeit lang eine nicht unbedeutende Außenstelle der NASA sein.
Die No-Koffer Challenge
Auch wenn der Aufenthalt recht kurz ist, so erfrischend und wohltuend ist es, die Karibik hautnah zu erfahren und eine Sonnenbrille in einem der Touristenläden zu ergattern.
Nein, ich bin nicht total unvorbereitet in die Karibik auf Kreuzfahrt aufgebrochen, aber ich hatte das Pech, dass ich zwar den Anschlussflug in München nach Miami trotz erheblicher Flugverspätung erreichen konnte, meinem Koffer dies aber nicht gelang. Die Fluggesellschaft gab mir mit einer Soforthilfe die Möglichkeit, ein Vormittags-Shopping einzulegen, um das Nötigste für die Reise dabei zu haben. Nur an die Sonnenbrille habe ich nicht gedacht — und auf das eigentlich geplante Miami-Sightseeing musste ich verzichten.
Carnival Cruise Line und die Crew der Carnival Horizon Rezeption sind in den nächsten Tagen sehr aufmerksam und hilfsbereit und telefonieren mehrmals täglich mit der Fluglinie auf der Suche nach meinem Gepäck. Zudem erhalte ich ein „survival kit“ mit Toilettenartikeln und zwei Wäschereigutscheine, die auch zum Einsatz kommen, denn leider werde ich am Ende der Reise feststellen, dass mein Koffer das Schiff nicht mehr erreicht hat.
Jedoch lasse ich mich hiervon nicht in meiner Urlaubsstimmung beeinträchtigen. Dazu sind die Eindrücke an Bord und an Land einfach zu beeindruckend und überwältigend.
Der Kofferverlust ist neben der Tatsache, dass ich als Deutscher über Thanksgiving, dem US-amerikanischen Familienfest, alleine auf einem US-Schiff auf Kreuzfahrt bin, das Gesprächsthema jeder kurzweiligen und sehr freundlichen Konversation mit meinen Mitreisenden und den Mitarbeitern an Bord.
Das Vorurteil, dass der amerikanische Lifestyle Menschen schnell zusammenbringt, aber auch unverbindlich wieder ausgehender gehen lässt, bestätigt sich hier jeden Tag, macht aber auch die Solo-Reise einfach.
[ngg src=„galleries“ ids=„2“ display=„basic_imagebrowser“]
Karibiksonne ist nicht zu unterschätzen
In der zweiten Destination, La Romana, habe ich mich für einen Ausflug der Reederei entschieden. Mit einem Bus voller sehr gut gelaunter Mitreisenden fahre ich in ein Beachressort, um dort den Tag zu verbringen.
Das Ressort „Be Live Collection Canon“ in Bayahibe ist eine wunderschöne Fünf-Sterne-Anlage, in der man sicherlich auch sehr entspannt einen Karibik-Inselurlaub verbringen kann. Mit einer malerischen Strandanlage, feinem weißen Sand und dem türkisblauen Meer sind alle Zutaten für einen relaxten Karibiktraum vorhanden. Ich ergattere ein Plätzchen zwischen französischen Urlaubern und verbringe einen traumhaften Tag im handwarmen karibischen Meer unter Palmen und mit freien Drinks und Essen.
Die fünf Stunden vergehen wie im Flug und verpassen mir einen rötlichen Teint, vermutlich ist die amerikanische Sonnencreme mit Lichtschutzfaktor 30 dann doch zu schwach.
Die nächsten beiden Tage legt die Carnival Horizon in Curaçao und Aruba an. Während ich in Willemstad auf Curaçao die pittoreske, holländisch geprägte Altstadt erkunde, steht auf Aruba noch einmal ein entspannter Strandtag auf dem Programm.
Mit dem Taxi fahre ich zu Palm Beach, dem längsten Strand Arubas. Laut einigen Reiseführern soll mich hier einer der schönsten Strände der Karibik erwarten. Und tatsächlich: weißer, puderweicher Sand und das Meer leuchtet in Aquamarin. Ein Karibiktraum, gesäumt von großen Hotelanlagen. Hier finde ich auch die passende Infrastruktur samt Liegestuhl und Sonnenschirm und freue mich, dass ich in dieser Woche schon den dritten Karibikstrand kennenlerne.
Smarte App für Bord-AktivitätenMit „Your Time Dining“ und der äußerst hilfreichen Carnival
HUB-App, kann ich meinen Dinnerzeitpunkt frei wählen und bekomme meist binnen 30 Minuten auch die Nachricht, dass mein Tisch fertig ist. Die App empfiehlt sich auf jeden Fall, denn zur Verwendung ist kein Internetpaket erforderlich und man hat immer einen Plan in der Hand, wo an Bord man sich befindet und wo gerade welche Aktivität stattfindet. Man kann seine Aktivitäten im Voraus planen und favorisieren, so wird man dann 15 bis 30 Minuten vor Start per Push-Nachricht erinnert und verpasst nichts, was einem wichtig ist.
Das Hauptrestaurant Le Meridian ist für einen Kreuzfahrtnovizen zunächst alleine für sich genommen ein Ereignis. Obwohl es sich hier um einen riesengroßen Raum handelt, der sich an den Seiten über zwei Stockwerke erstreckt, haben die Architekten und Inneneinrichter ganze Arbeit geleistet, denn durch die warmen Farben, den Teppichboden, die Lichtgestaltung und Anordnung der Tische entwickelt sich eine gemütliche Atmosphäre, die durch das Gewusel der Unmengen an Personal, die hochprofessionell ständig neue Gäste an die Tische begleiten, Bestellungen aufnehmen und servieren, nicht gestört wird.
Natürlich findet der geneigte europäische Gast auch ein kleines Haar in der Suppe. Damit der Ablauf so perfekt wie möglich funktioniert, werden die georderten Vorspeisen gleichzeitig mit dem Hauptgericht angeliefert. Der Gast bekommt die Vorspeise und das Hauptgericht steht mehr oder weniger ungeschützt auf einem Zwischentresen, was zur Folge hat, dass die ein oder andere Beilage doch arg abkühlt. Schade, treffen doch die Gerichte im Hauptrestaurant regelmäßig meinen Geschmack.
Thanksgiving-Erlebnis
Lediglich an Thanksgiving hätte ich etwas mehr Pomp erwartet, als dass die Tische mit weißen Tischdecken bedeckt sind. Gleichwohl ist dieser Abend für mich ein besonderes Highlight, denn Ana und José aus Miami, die mich beim Auslaufen aus Miami sehr freundlich und sachkundig über ihre Stadt, Kreuzfahrten und die Highlights beim Auslaufen informieren, habe ich zufällig mitten in Willemstad auf Curacao wiedergesehen und am nächsten Tag beim Auslaufen aus Aruba.
Bei dieser Ausfahrt kommen wir so angeregt und intensiv ins Gespräch, dass sie mich einladen, das Thanksgiving-Dinner gemeinsam mit ihnen zu verbringen. Perfekt. So lerne ich als Soloreisender das typische US-Familienfest inklusive äußerst sympathischer familiärer Begleitung kennen. Als Hauptgang gibt es natürlich Truthahn.
Beim Dinner erfahre ich von den Kindern von Ana und José, dass das Angebot und das Programm für die Jugendlichen an Bord positiv angenommen wird. Gerade die Arcade Spielothek, die einem wohl ab einem gewissen Alter nur noch seltsam vorkommt, scheint ein beliebter Treffpunkt dieser Altersklasse zu sein.
[ngg src=„galleries“ ids=„1“ display=„basic_imagebrowser“]
Meine Entdeckungen
Statt der Spielothek ist für mich Ausgangspunkt jeder abendlichen Vergnügung das Atrium. Schon die zentral platzierte LED-Säule mit wechselnden Videoeffekten ist ein echter Hingucker. Sehenswert ist auch das Publikum. An den eleganten Abenden, wovon es zwei auf der Reise gibt, flanieren die Gäste in beeindruckenden Abendgarderoben auf den drei Decks umfassenden Atrium und stellen sich an Fotoleinwänden an, um sich und ihre Familien von den Bordfotografen professionell ablichten zu lassen.
Von Deck 5 aus kann man auf dem Weg zum Heck, wo sich die Havanna Bar befindet, die verschiedensten Arten von Musik und Entertainment genießen. Am frühen Abend ist in der Pianobar wenig los, was sich aber ändert, je weiter der Abend voranschreitet.
An der Alchemie Bar geht es vorbei zu dem überraschend großen Fotoshop in dem die zuvor vom den Bordfotografen geschossenen Bilder betrachtet und natürlich gekauft werden können. Dann schließt sich die bordeigene Brauerei „Pig and Anchor“ an. Hier kann man sich zu einer Bierexpedition anmelden, Diplom und ein Bierglas inklusive. Abends wird rockige Countrymusik zum Besten gegeben.
Weiter kommt man an der Kaffeebar Java vorbei, die mit einer süßen Kuchentheke lockt. Dahinter liegt mein zweiter abendlicher Lieblingsplatz der Ocean Plaza, auf dem tagsüber diverse Veranstaltungen, wie Themen-Quizze, aber auch Tanzkurse und ähnliches stattfinden. Abends entfacht die sehr gut gelaunte Rockband eine klasse Stimmung.
Wer tanzen möchte, den zieht es zumeist in die Havanna Bar. Dort schafft die Liveband tatsächlich ein kubanisches Gefühl und die Tanzfläche ist jeden Abend proppenvoll.
Weitere Highlights sind für mich die Besuche in den Spezialitätenrestaurants. Ich probiere das Fahrenheit Steakhouse und das asiatische Ji Ji aus. Trotz Zuzahlung auf jeden Fall eine klare Empfehlung.
Mein Lieblingsplatz
Mein Lieblingsplatz tagsüber ist gleich von Anfang an der Serenity-Bereich auf Deck 15. Hier kann man dem Trubel an anderen Stellen des Schiffes entkommen und wenn man Glück hat, folgt der Blick von der Liege aus direkt der Fahrtrichtung. Im Serentiy verbringe ich auch die beiden abschließenden Seetage, inklusive beeindruckender Sonnenuntergänge in der Karibik, die ein äußerst beliebtes Fotomotiv sind. So haben mir die Karibik und Carnival Horizon einen unvergesslichen Urlaub beschert und einen neuen Kreuzfahrtfan gewonnen — allerdings das nächste Mal bitte mit meinem Gepäck.