Nach der Einbringung der Marke Hapag-Lloyd Cruises in das Joint Venture TUI Cruises und einem Jahr der Erholung von den Pandemiefolgen spricht Wybcke Meier im Interview mit Crucero über den Wandel im Unternehmen und dessen Zukunft. Im nächsten Jahr kommen gleich zwei neue Schiffe zur Flotte. Die Mein Schiff 7, ein Schwesterschiff der Mein Schiff 1 und 2, wird im Sommer 2024 den Dienst aufnehmen. Zum Ende des Jahres folgt der erste Neubau einer neuen Schiffsklasse.
CRUCERO: Wohlfühlen ist ein wichtiger Aspekt bei Mein Schiff. Wie wohl fühlen sie sich denn gerade im ersten Jahr nach der Pandemie? Es ist ja einiges passiert, eine Marke ist zum Unternehmen hinzugekommen. Das ist alles relativ still über die Bühne gegangen, aber das muss ja etwas ausgelöst haben.
WYBCKE MEIER: Die Marke Hapag-Lloyd Cruises kam ja schon 2020 dazu. Kurz danach, das wissen wir alle, mussten wir uns mit den Folgen der Pandemie auseinandersetzen. Wir sind gut zusammengewachsen, würde ich sagen, aber das ist eigentlich etwas, was wir nicht so sehr in Richtung Gast kommunizieren. Deshalb haben Sie wahrscheinlich auch den Eindruck, dass die Fusion „relativ still“ über die Bühne gegangen ist.
Wir haben jetzt ein Joint Venture für Kreuzfahrten „Made in Germany“ mit zwei sehr starken Marken. Die eine ist Hapag-Lloyd Cruises im Luxus- und Expeditionsbereich mit Julian Pfitzner als CEO. Die andere ist Mein Schiff. Im Sommer 2020 waren wir die Ersten, die mit beiden Marken wieder in See gestochen sind.
Bei Mein Schiff haben wir im letzten Jahr auch eine sehr gute Nachfrage für 2022 verzeichnet. Und jetzt haben wir das erste Jahr nach der Pandemie. Das heißt, Kreuzfahrten sind weltweit wieder möglich, weitgehend ohne Einschränkungen in den Destinationen. Wir konnten in diesem Jahr erstmals wieder Hongkong anlaufen und sind endlich wieder nach Japan gefahren. Das hatten wir seit 3 Jahren geplant. Insofern fühle ich mich sehr wohl und habe im Moment nicht viel zu klagen. Die Schiffe sind sehr gut gebucht, die Zufriedenheit der Gäste ist hoch.
Ich glaube, das laufende Jahr ist für die Kreuzfahrt in Deutschland eine Chance, neue Kunden zu gewinnen. Denn wir sehen derzeit hohe Preissteigerungsraten beim Urlaub an Land, sei es im Ausland oder auch in Deutschland. Im Vergleich dazu sind wir auf den Schiffen viel verträglicher unterwegs. Bei uns gibt es keine Preiserhöhungen und wir bieten ein hervorragendes Preis-Leistungs-Verhältnis.
In der Vergangenheit war eine Kreuzfahrt immer etwas teurer als ein Urlaub an Land. Das ist jetzt anders, und sehr viele Kunden haben es wohl gemerkt und insofern freuen wir uns, dass wir 45 % Neukunden bei Mein Schiff verzeichnen konnten.
CRUCERO: Jetzt ist TUI Cruises ja im Joint Venture zusammen mit Royal Caribbean und dazu gehört ja seit geraumer Zeit auch die Luxusmarke Silversea Cruises. Wie schauen Sie aus der Hapag-Lloyd Cruises Perspektive darauf? Silversea hat ja gerade einige zukunftsweisende Themen auf der Agenda.
WYBCKE MEIER: Wir haben einen guten Austausch mit Royal Caribbean. Außerdem bedient Silversea auch andere Märkte. Hapag-Lloyd Cruises geht als Erfinder der Kreuzfahrt hier in Deutschland einen Schritt weiter, und wir sind viel spezialisierter unterwegs, was die zwei Luxusschiffe EUROPA und EUROPA 2 und auch die kleinen Hanseatic-Schiffe sehr gut ermöglichen. Die neue Expeditionsklasse ist schon sehr einzigartig. Das Neubau-Team hat mit ihnen erstklassige Arbeit abgeliefert. Mit dieser Flotte hat Hapag-Lloyd Cruises auch Zukunftsweisendes zu erzählen. Insofern gibt es innerhalb des Joint Ventures eine lebendige Markenvielfalt. Damit kommen wir gut klar.
CRUCERO: Ist der Personalmangel jetzt nach der Pandemie immer noch ein Thema oder hat sich das bei Ihnen wieder eingependelt?
WYBCKE MEIER: Nachdem im Sommer letzten Jahres die Kapazitätsbeschränkungen fielen und die Schiffe plötzlich wieder zu 100 Prozent ausgelastet waren, hatten wir bei Mein Schiff ein paar Wochen, in denen es schwierig war, die Crews schnell auf die Schiffe zu bekommen. Aber das betraf die ganze Branche. Im Moment können wir dagegen keine Engpässe feststellen. Man muss natürlich auch sagen, dass wir den Vorteil haben, Crews aus allen Nationen einstellen zu können.
Natürlich ist bei uns die deutsche Sprache wichtig. Deshalb haben wir schon mit der Gründung von TUI Cruises begonnen, Deutschunterricht anzubieten. Und wir haben früh begonnen, in die Weiterbildung der Crew zu investieren. Das zahlt sich jetzt aus. Deshalb haben wir eine sehr hohe Mitarbeiterbindung.
CRUCERO: Und wie sieht es mit der Unterhaltung aus? Sind alle En-Suite Shows und Gastkünstler wieder da?
WYBCKE MEIER: Ja, das ist alles wieder da. Es hat etwas länger gedauert, als wir es uns gewünscht haben. Vergangenes Jahr galten in jedem Hafen noch andere Anforderungen. Erst im Juni 2022 konnten wir wieder mit der Planung beginnen. Dann gab es noch einige Einschränkungen auf den Bühnen. Seit dem Winter sind wir wieder ganz bei unseren ursprünglichen Konzepten, mit eigener Besetzung, aber auch mit der Mischung aus Gastkünstlern und Lektoren.
CRUCERO: Gibt es das Arts & Entertainment Center in Berlin eigentlich noch?
WYBCKE MEIER: Das gibt es noch, ja. Der Entertainment-Bereich von Mein Schiff wurde inzwischen Denis Wiechert, dem Vice President Product Management & Guest Experience, zugeordnet. Das Zusammenspiel zwischen der Konzeption einer Kreuzfahrt und den Erwartungen der verschiedenen Kundengruppen hat sich hervorragend bewährt. Auch hier haben wir genau hingeschaut: Welches Feedback geben uns die Gäste und wie kommt unser Angebot an? Deshalb haben wir nicht nur eine Lösung für alles, sondern tatsächlich eine sehr maßgeschneiderte.
CRUCERO: Aber Denis Wiechert ist jetzt nicht der kreative Kopf, oder?
WYBCKE MEIER: Nein, es gibt viele kreative Köpfe. Sie spielen wahrscheinlich darauf an, dass Thomas Schmidt-Ott nicht mehr bei uns ist.
CRUCERO: Thomas Schmidt-Ott war der Leiter dieser Creative Unit in Berlin.
WYBCKE MEIER: Er war Director Entertainment von Mein Schiff in Berlin. Jetzt haben wir Ellen Angersbach als Direktorin, die den Standort leitet. Thomas Schmidt-Ott hat vorher einen super Job gemacht. Er hat die Theater aufgebaut, er hat Produktionen von Land aufs Schiff gebracht. Er war immer relativ autark unterwegs und hat eben gesagt: „Ich mache ausschließlich Entertainment!“ Die verschiedenen Angebote an Bord, sei es im Bereich Food & Beverage oder Workshops, liefen teilweise parallel. Das haben wir jetzt geändert.
Mit der Person Thomas Schmitt-Ott hat es nichts zu tun. Er hat sich während der Pandemie entschieden, etwas anderes zu machen. Wir haben nach wie vor einen guten Austausch und buchen Künstler über ihn.
Ellen Angersbach schaut jetzt zusammen mit Denis Wiechert, was wir brauchen, wie wir Arts & Entertainment-Elemente an Bord einsetzen und was es in der Unterhaltungswelt Neues gibt. Damit sind wir im Moment gut aufgestellt.
„Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter und prüfen regelmäßig, wie sich Gäste-Präferenzen verändern.“
WYBCKE MEIER
CRUCERO: Und aus dieser Zusammenarbeit ist dann auch die Idee der Hexagon-Bühne entstanden, die sie für das 8. Schiff angekündigt haben?
WYBCKE MEIER: Die Idee ist entstanden, weil ich in den Bauphasen unserer ersten sechs Neubauten der mein Schiff Flotte gesehen habe, welchen Aufwand wir betreiben, wie groß die Theater sind und wie viel Raum sie einnehmen. Und wenn man sich dann die Netto-Nutzungszeit anschaut, dann ist das eine Fläche, wo ich gedacht habe: „Kann man damit nicht mehr machen?“
Das haben wir dann zum Anlass genommen, über Alternativen nachzudenken. Mit einem amerikanischen Architekturbüro, das sehr viele Konzertsäle gebaut hat, haben wir dann Ideen entwickelt, wie man den Raum auch tagsüber anders nutzen kann und wie man von der sehr starren Bestuhlung wegkommt.
Meine Vision ist, im neuen Theater von morgens bis abends völlig unterschiedliche Welten zu präsentieren. Die Form des Hexagons und die Möglichkeit, die Sitzverteilung zu verändern, hat uns dabei in die Hände gespielt. Also: Die Idee war schon viel früher da. Jetzt wird sie endlich umgesetzt.
CRUCERO: Aber wir reden hier nicht von einem sogenannten Theatrium wie an Bord von AIDA?
WYBCKE MEIER: Nein, es wird ein geschlossener Raum in den bekannten Dimensionen der Theater auf den anderen Schiffen der Mein Schiff-Flotte sein. Wir haben auf der neuen Schiffsklasse weiterhin ein kleines, intimes Theater.
Beim Design der neuen Schiffsklasse, die wir in Italien bauen, bewegen wir uns etwas mehr in Zonen und haben an Bord einen kleinen Entertainment District geschaffen, wenn Sie so wollen.
Wir möchten den Artisten, die wir dann auf die Bühnen bringen, die Möglichkeit geben, gesehen zu werden und an einem ruhigen Ort ohne Durchgangsverkehr aufzutreten. Es kann aber gut sein, dass wir morgens mal im Theater eine Yoga-Stunde geben oder Ähnliches.
CRUCERO: Der Bereich ist aber weiterhin im Bug untergebracht.
WYBCKE MEIER: Der ist weiterhin im Bug.
CRUCERO: Wie wird das Alles-Inklusive-Konzept in Zukunft aussehen? Hapag-Lloyd Cruises hat unlängst angekündigt, dass das Champagner-Angebot ausgebaut wird. Gibt es da bei Mein Schiff auch Veränderungen oder ist das Alles-Inklusive-Angebot so perfekt, dass Sie da nicht mehr rangehen?
WYBCKE MEIER: Wir entwickeln uns kontinuierlich weiter und prüfen regelmäßig, wie sich Gäste-Präferenzen verändern. Da haben wir in Deutschland ja einige Entwicklungen durchlaufen, dass zum Beispiel wirklich weniger Fleisch konsumiert wird und Ähnliches. Alle diese Trends, die wir an Land beobachten, die bringen wir natürlich auch mit in unsere Bord-Konzepte.
Im Atlantik Restaurant, das Teil der Mein Schiff Premium-Inklusivleistungen ist, gab es schon vor der Pandemie die Möglichkeit, Veganes zu essen. Um dem Trend der etwas bewussteren Ernährung Rechnung zu tragen, haben wir die Ganz Schön Gesund Bistros eingeführt. Wir arbeiten immer mal wieder an den Menüs und an der Getränke-Auswahl. Neuerungen werden dann immer von Schiff zu Schiff eingeführt. Dabei gilt in jedem Fall: Die Mein Schiff Premium-Inklusivleistungen bleiben erhalten. Unsere Gäste bestätigen uns, dass das ein ganz wichtiger Faktor ist. Gerade in diesen Zeiten soll man unbeschwert an Bord sein und sagen können: „Wenn ich nicht will, muss ich keine Extraausgaben tätigen für Essen und Trinken und auch nicht für den Spa-Besuch.“
CRUCERO: Mir ging es bei der Frage um die Markentreue bei den angebotenen Produkten. Hochwertige Marken bleiben auch weiterhin Bestandteil des Inklusive-Angebots und Aperol wird nicht durch ein Substitut ausgetauscht?
WYBCKE MEIER: Wir hatten tatsächlich pandemiebedingte Lieferschwierigkeiten mit Nutella. Wir haben dann, wie ich finde, einen sehr viel besseren Aufstrich ausgewählt, der auch gesünder ist und weniger Palmfett enthält. Aber gut, der Gast möchte Nutella, also stellen wir mittlerweile die beiden Produkte nebeneinander. Jetzt kann der Gast entscheiden, ob es vielleicht nicht doch die bessere und aus meiner Sicht gesündere Variante sein soll oder doch die Marke Nutella.
Bei diesen Themen stellt sich immer die Frage: Was ist tatsächlich hochwertig oder was ist premium?
Bei unserem Apero haben wir uns zusammen mit einer Hamburger Firma eben auch aus ähnlichen Gründen gesagt, da können wir uns weiterentwickeln und bringen ein neues Getränk an Bord. Dass es teilweise gastseitig als Sparmaßnahme aufgefasst wurde, ist schade. Sparmaßnahmen sind selten die Triebfeder für solche Veränderungen.
Es gibt immer wieder Schwierigkeiten, bestimmte Getränke zu bekommen. So wurden im vergangenen Winter auf den Kanarischen Inseln die alkoholischen Getränke wochenlang in den Zolllagern zurückgehalten. Da kam es wirklich zu Engpässen, von denen viele Reedereien betroffen waren.
Es gibt sehr viele tolle neue Produktentwicklungen, die wir momentan auch eigentlich gerne an Bord bringen möchten. Aber wir müssen diese Gratwanderung hinbekommen, dass der Gast nicht denkt: „Oh, da wird mir was weggenommen!“ Aus der Aperol-Geschichte haben wir insoweit gelernt, als wir auch da beides anbieten und beschreiben. Mittlerweile erleben wir auf den Schiffen tatsächlich zum Teil eine bessere Akzeptanz bei Apero als bei Aperol. Unsere Gäste haben die Wahl.
CRUCERO: Ähnlich, wie bei einer Fußballweltmeisterschaft, wo regelmäßig 80 Millionen „Bundestrainer“ vor dem Fernseher sitzen, gibt es in der Kreuzfahrt mindestens 2,9 Millionen meinungsfreudige „CEOs“. Aber trotzdem: Die Wünsche der Passagiere sind wichtig und müssen natürlich berücksichtigt werden. Jetzt gibt es erstmals Einzelkabinen an Bord, auch das war ein vielfach geäußerter Gästewunsch. Aber bieten die acht Quadratmeter großen Kabinen, die jetzt auf der Mein Schiff 7 entstehen, wirklich Platz zum Wohlfühlen?
WYBCKE MEIER: Ganz klar: Ja! Vergangenes Jahr gab es das erste Mockup dazu und ich war im Frühjahr noch einmal in Finnland und habe mir das angeschaut. Das Architekturbüro hat wirklich gute Arbeit geleistet.
Es ist und bleibt eine kleine Kabine gar keine Frage, aber es ist natürlich die Antwort darauf, eben ohne hohe Zuschläge eine Alternative für Alleinreisende anbieten zu können. Balkonkabinen zur Einzelnutzung sind weiter buchbar, aber dann eben mit den entsprechend hohen Zuschlägen.
Hier spielt das Mein-Schiff-Konzept eine entscheidende Rolle. Wir haben viele Bereiche auf dem Schiff, in denen man sich aufhalten kann. Man muss nicht nur in der Kabine sein, sondern kann je nach Stimmung ruhige oder aktive Plätze an Bord finden. Ich glaube, dass die Einzelkabinen in diesem Gesamtkontext sehr gut funktionieren.
CRUCERO: Sie sind beim achten Schiff aber schon weitergegangen und machen die Einzelkabinen etwas größer. Gab es Überlegungen, dass es vielleicht doch zu wenig Platz sein könnte?
WYBCKE MEIER: Die Mein Schiff 7 ist ein Schwesterschiff unserer Mein Schiff 1 und 2. Mit dem Layout dieser Schiffe sind wir sehr, sehr zufrieden. Alle Schiffe, die wir in Finnland gebaut haben, sind großartig. Die 1 und 2 sind wirklich von der gesamten Raumnutzung hervorragend.
Wir haben dann überlegt: Wo können wir noch Platz schaffen für Einzelkabinen? Wir haben die Mein Schiff 7 ja schon 2018 bestellt, und mussten sie auch aus Gründen der damaligen Werftkapazitäten zu diesem Zeitpunkt bestellen. Die Werft erklärte uns dann aber, wir könnten an den Plänen nicht sehr viel ändern, weil es für sie dann nicht zu schaffen sei, das Schiff zum vereinbarten Termin – der lag zu diesem Zeitpunkt noch im Jahr 2023 – abzuliefern.
Unter diesen Rahmenbedingungen erfolgte auf der Mein Schiff 7 die Planung der Einzelkabinen. Es gab drei weitere Alternativen, wir sind aber am Ende bei dem derzeitigen Kabinenschnitt gelandet. Bei unserer neuen Schiffsklasse – der InTUItion Class – haben wir jetzt natürlich den Vorteil, die Räume mit etwas mehr Freiheit zu entwickeln.
CRUCERO: Jetzt haben Sie gerade den Namen der Klasse genannt. Wenn wir schon bei der Namensnennung sind, bleiben wir noch einen Moment dabei. Haben Sie sich unter Berücksichtigung der „2,9 Millionen Kreuzfahrt-CEOs“, von denen ich vorhin gesprochen habe, schon überlegt, wie die Reaktionen ausfallen könnten, wenn die neuen Schiffsnamen veröffentlicht werden?
WYBCKE MEIER: Der Klassenname ist eher für unseren Vertrieb wichtig, damit man unterscheiden kann, um welche Schiffe es sich handelt. Die aktuelle Flotte heißt Blue-Motion-Class. Dieser Name ist dann aber in den Hintergrund getreten, weil die Schiffsnamen zur Unterscheidung verwendet wurden.
Wir werden demnächst den Namen des ersten Schiffes der neuen Klasse bekannt geben – und insofern gibt es derzeit viele Spekulationen, wie unser achtes und neuntes Schiff heißen wird. Aber das sehen wir mit Interesse und freuen uns dann auf die Bekanntgabe.
„Vielleicht gibt es gar keine Kritik, weil alle sagen: „Das ist logisch.“ Ich glaube, man wird es mit dem Namen natürlich nicht jedem recht machen können.“
WYBCKE MEIER
CRUCERO: Sie haben also keine Angst vor zu viel Kritik durch das Publikum?
WYBCKE MEIER: Das werden wir sehen. Vielleicht gibt es gar keine Kritik, weil alle sagen: „Das ist logisch.“ Ich glaube, man wird es mit dem Namen natürlich nicht jedem recht machen können. Für uns muss es schlüssig sein, so wie wir es auch unseren wichtigen Vertriebspartnern und allen, die Mein Schiff kennen, erklären, dass man die Unterschiede deutlich macht.
In der neuen Klasse steckt sehr viel Mein Schiff. Wir werden das Wohlfühlerlebnis nicht komplett neu erfinden und auch an den Mein Schiff Premium-Inklusivleistungen festhalten. Aber natürlich haben wir bei einem Schiff, das wir komplett neu entwickelt haben, einfach ein bisschen mehr Vielfalt.
Ich bin gespannt. Aber es ist so ähnlich, wie Sie es sagten. Wir haben einige sensible Themen, wie zum Beispiel auch die Auslaufhymne, die emotional diskutiert werden.
CRUCERO: Andererseits ist es ja auch ein Zeichen der Verbundenheit, dass manche Themen so emotional diskutiert werden.
WYBCKE MEIER: Das finde ich auch. Ich lese das auch regelmäßig, weil man dadurch auch immer wieder neue Impulse bekommt.
CRUCERO: Dann bleiben wir noch bei einem emotionalen Thema: dem neuen Loyalty-Programm. Das ist nach wie vor im Vorbereitungs-Status. Wie lange müssen sich die Stammkunden noch gedulden, bis das neue Programm verkündet wird?
WYBCKE MEIER: Wir arbeiten gerade an einem Mein Schiff Loyalty-Programm, aber ich kann noch nicht genau sagen, wann es kommt. Wir sind jetzt noch mal auf unsere Stammgäste zugegangen und haben erklärt, warum sich die Neuausrichtung ein bisschen in die Länge zieht. Dabei wollten wir auch deutlich machen, dass uns die Stammfahrer sehr wichtig sind. Aber bis das neue große Treueprogramm steht, wird es noch etwas dauern. Der Grund dafür ist, dass die Pause, die uns die Pandemie beschert hat, uns bei allen digitalen Projekten viel mehr Zeit gekostet hat, als wir erwartet haben.
CRUCERO: Die Pandemie hatte auch Auswirkungen auf die Destinationsplanung. Südafrika, ein Wunschziel vieler Gäste, wurde vorerst nicht wieder in die Planung aufgenommen.
WYBCKE MEIER: Leider nicht. Bei Hapag-Lloyd Cruises ist es uns gelungen, bei Mein Schiff hat es nicht geklappt. Das bedauern wir sehr, aber das Thema ist der Pandemie zum Opfer gefallen.
CRUCERO: Gibt es keine Pläne, das Ziel zukünftig wieder aufzunehmen?
WYBCKE MEIER: Die Angelegenheit ist nicht komplett vom Tisch. Es liegt zum großen Teil am pandemiebedingten Fachkräftemangel, warum wir gesagt haben, wir machen das jetzt erst einmal nicht. Südafrika hatte sich sehr gewünscht, dass wir zurückkommen. Aber die Route sah ja auch vor, den Gästen Safaris anzubieten.
Weil nach der Pandemie sehr viel Entwicklungsarbeit in den Destinationen nötig gewesen wäre, waren wir nicht der Meinung, für 2023 ein wirklich gutes Produkt auf die Beine stellen zu können. Kleinere Schiffe haben es da leichter.
CRUCERO: Und andere Destinationen, wie etwa das derzeit gehypte Saudi-Arabien oder die Westküste der USA oder Südamerika? Sind das für ein deutsches Produkt zu spezielle Destinationen?
WYBCKE MEIER: Ich glaube gar nicht, dass es zu speziell ist. Bei der Mein Schiff Größe mit 2.500 Passagieren, mit der wir in einer solchen Destination operieren würden, sind derzeit die Flugkosten der limitierende Faktor. Die Ticketpreise für Fernstrecken sind auf einem sehr hohen Niveau. Bei aller Begeisterung für ein solches Angebot, ist es am Ende ein Mengen-Thema, das derzeit die Umsetzung nicht möglich macht.
Neue Destinationen wird es aber auch bei Mein Schiff geben. Saudi-Arabien haben Sie angesprochen, da wollen wir auf Transreisen bald erste Anläufe testen, wenn wir Richtung der Emirate oder nach Asien fahren. Unsere Teams sind auch immer unterwegs, um neue Häfen zu entdecken, aber es gibt jetzt noch nichts, wo wir sagen können: „Das ist es!“ und „Da wollen wir hin!“
Nach der Pandemie sind wir zwar sehr erfolgreich unterwegs, waren ja auch letztes Jahr schon profitabel. Aber trotz der guten Nachrichten, haben wir noch einen Ballast zu tragen, den uns die Pandemie bescherte. Deshalb wollen wir für die nächsten Fahrpläne Reisen anbieten, von denen wir wissen, dass sie gut funktionieren, und wo wir in der Lage sind, ein hervorragendes Produkt anbieten zu können.
CRUCERO: Das Thema Reisepreis und Teuerung wird ab dem nächsten Jahr noch zusätzlich durch das EU-weite Emissionshandelssystem ETS beeinflusst werden. Bereiten Sie sich darauf schon vor?
WYBCKE MEIER: Natürlich.
CRUCERO: Ab 2024 müssen Sie als Reederei zunächst 40 % der CO2-Emissionen ausgleichen, bis 2026 dann 100 %. Gehen Sie davon aus, dass sich diese zusätzlichen Kosten auf den Reisepreis niederschlagen werden?
WYBCKE MEIER: Momentan ist es eigentlich noch zu früh, um da eine Aussage zu treffen. Als Reederei, die in Europa unterwegs ist und hier ihren Schwerpunkt hat, ist für uns selbstverständlich, dass die Kreuzfahrt grüner werden muss, wie Mobilität insgesamt grüner werden muss. Wir alle haben uns das auf die Fahne geschrieben und deshalb ist klar, es muss etwas passieren.
Wir arbeiten auf politischer Ebene in Brüssel mit Hochdruck daran, dass der Emissionshandel dann auch denjenigen zugutekommt, die in die Produktion von alternativen Kraftstoffen wie E‑Fuels, Biofuels und Ähnlichem investieren.
Fluggesellschaften, die Sustainable Airlines Fuels (SAF), also nachhaltigen Flugtreibstoff, verwenden, sind vom ETS-Handel ausgenommen. Ob eine ähnliche Regelung auch für die Schifffahrt in Frage kommt, ist derzeit noch unklar.
Hier sind also noch einige regulatorische Aufgaben in Brüssel zu lösen. Aber wir sind über alle Verbände am Ball und ich bin optimistisch, dass wir hier – ähnlich wie bei den Airlines – zu einer guten Lösung kommen.
Unabhängig davon haben wir unsere Projektionen natürlich schon gemacht und unsere eigene Klimaschutz-Roadmap bis zum Jahr 2030 entwickelt. Gemeinsam mit der TUI wurden dazu CO2-Einsparungsziele festgelegt und unabhängig durch die Science Based Target Initiative bestätigt. Hinter dem etwas sperrigen Namen verbirgt sich eine globale Kooperation von Organisationen wie dem WWF und auch der UN, die bei ihr eingereichte Ziele zur CO2-Minderung kontrolliert. Und natürlich haben wir Annahmen getroffen, wie viel wir für den ETS-Handel ausgeben müssen. Aber da der Treibstoff bei einer Kreuzfahrt nicht so ein großer Posten ist wie bei einer Fluggesellschaft, verfügen wir über Möglichkeiten, diesen Kostenfaktor so gering wie möglich zu halten.
CRUCERO: Werden diese Dinge auch mit dem Publikum diskutiert oder passiert das alles im Hintergrund?
WYBCKE MEIER: Das läuft im Hintergrund. Aber wir merken, dass wir mehr Kunden haben, die beispielsweise in den nautisch technischen Fragestunden der Mein Schiff Flotte oder von den Mein Schiff Umweltoffizieren wissen wollen, was wir für den Klimaschutz tun. Das Interesse ist größer als in der Vergangenheit.
Details des European Green Deal oder unserer Klima-Roadmap diskutieren wir heute noch nicht mit der Öffentlichkeit. Aber wir wollen transparent informieren, was wir tun, und ich glaube, da waren wir in der Vergangenheit vielleicht etwas zu leise. Die Kreuzfahrt ist der Innovationstreiber für Technologien, die heute auch bei der Handelsschifffahrt zum Einsatz kommen.
Was mich motiviert, sind die technischen Möglichkeiten, die es heute schon gibt. Wir werden nicht morgen schon auf E‑Fuels umsteigen können, aber die Pläne sind schon da. Und wenn wir es gemeinsam anpacken – bei aller Bürokratie – dann werden wir das auch schaffen. Es hilft natürlich, wenn die Unterstützung von politischer Seite dann auch pragmatisch ist.
CRUCERO: In aktuellen Interviews, die Sie Trade-Magazinen gegeben haben, wurde das Thema Internationalisierung angesprochen. Spricht Mein Schiff bald Englisch?
WYBCKE MEIER: Wir hatten immer wieder Kunden, die uns sagten, sie hätten keine Angst, auf ein deutsches Schiff zu gehen, weil alle an Bord auch Englisch sprächen. Die Bordsprache aber ist Deutsch.
Was wir jedoch feststellen konnten, ist, dass wir zum Beispiel in der Pandemie sehr viele Gäste aus den Niederlanden hatten, die sich mühsam durch unsere deutsche Produkt-Kommunikation quälten. Da werden wir in Zukunft Gästen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, Informationen auf Englisch bereitstellen.
In Österreich und in der Schweiz hatten wir immer eine sehr große Nachfrage, die wir zum Teil bis 2019 gar nicht bedienen konnten, weil der deutsche Markt so stark war. Hinzukam, dass für uns in Wien oder in Zürich keine Flugkapazitäten zur Verfügung standen. Erst jetzt haben wir die Möglichkeit, das gesamte Produkt von internationalen Häfen auch Kunden außerhalb Deutschlands anbieten zu können. Und da sehen wir auch schon erste Erfolge.
CRUCERO: Es geht hier also eher um eine organisatorische Weiterentwicklung zugunsten internationaler Gäste.
WYBCKE MEIER: Ja, und ich glaube, wir sind mittlerweile auch alle etwas internationaler unterwegs. In vielen Unternehmen ist Englisch jetzt bereits die bevorzugte Sprache. Und auch unsere jüngeren Gäste äußern häufiger den Wunsch, es wäre eigentlich ganz schön, wenn es ein bisschen internationaler an Bord zuginge. Deswegen gehen wir gerade stark auf die infrage kommenden Quellenmärkte zu, verändern aber nicht unser Produkt.
CRUCERO: Vor allem bei amerikanischen Reedereien gibt es Sonderkonditionen für Feuerwehrleute, Veteranen, Krankenhauspersonal und zum Teil auch für Ehrenamtler. Können Sie sich vorstellen, so etwas auch auf dem deutschen Markt einzuführen? Entweder als Benefit, das Sie als Unternehmen anbieten oder alternativ mit Unterstützung einer Stiftung?
WYBCKE MEIER: Wir haben während der Pandemie mit der einen oder anderen Stiftung zusammengearbeitet und Reisen für Menschen zur Verfügung gestellt, die sich einfach mal erholen mussten aufgrund der hohen Belastung, sei es in Krankenhäusern oder Ähnlichem. Sie haben mich auf einen Gedanken gebracht, ich nehme es gern auf. Wir sind das bisher nicht konzertiert angegangen, aber das mache ich jetzt mal.
Interview: Tobias Lange-Rüb