Seinen Urlaub auf hoher See zu verbringen oder entlang von Flüssen die wechselnden Uferlandschaften zu genießen, ein Traum. Eine Kreuzfahrt bringt Erholung, unzählige neue Eindrücke, Erlebnisse und viele schöne Erinnerungen. Doch bei Millionen von Reisenden auf Hochsee- oder Flusskreuzfahrten kann ein Urlaub auch mal daneben gehen und es kommt zum gerichtlichen Streit zwischen Urlaubern und Reiseveranstaltern über die Schwere von Reisemängeln und deren Entschädigungshöhen.
Die Gewährleistungsansprüche, die einem Urlauber nach einer missglückten Kreuzfahrt gegen seinen Reiseveranstalter zustehen können, sind nach dem Pauschalreiserecht vielfältig. Es geht ja nicht immer nur um eine Preisminderung, beispielsweise wegen einer Routenänderung, sondern es kann auch zu erheblichen Beeinträchtigungen, einem Ausfall der Reise oder Unfällen kommen, so dass sich verschiedene Schadensersatzansprüche für den betroffenen Reisekunden ergeben können.
Welches Gericht?
Für Klagen von Reisekunden bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro ist das Amtsgericht sachlich zuständig. Liegt die Forderung darüber, muss die Klage beim Landgericht eingereicht werden. Bislang war es bei Klagen gegen einen deutschen Reiseveranstalter so, dass in der Regel das Gericht örtlich zuständig ist, in dessen Bezirk der Reiseveranstalter seinen Firmensitz hat.
Mit reiserechtlichen Klagen aus dem Kreuzfahrtbereich sind vorwiegend zum Beispiel Gerichte in Bremen, Hamburg, Frankfurt/M., München, Rostock und Wiesbaden befasst.
Im Juli 2024 hat der Europäische Gerichtshof eine bemerkenswerte Entscheidung dahingehend getroffen, dass der Verbraucherschutz erneut erweitert wird und der Urlauber bei Streitigkeiten rund um seine Pauschalreise mit Auslandsbezug auch an seinem Wohnsitzgericht Klage gegen seinen deutschen Reiseveranstalter einreichen kann. Es werden sich zukünftig also auch vermehrt Amts- und Landgerichte mit dem Reiserecht befassen, die dieses Rechtsgebiet bislang nicht oder nur selten auf ihrer Tagesordnung hatten
Anwaltliche Hilfe notwendig?
Wer eine reiserechtliche Klage einreichen will, benötigt nicht unbedingt einen Anwalt; bis zu einem Streitwert von 5.000 Euro ist eine anwaltliche Vertretung vor Gericht nicht zwingend vorgeschrieben. Fehlt eine juristische Vorbildung, sollte man es aber nicht ohne anwaltliche Hilfe versuchen, da bei einer Klage einige Formalien einzuhalten sind. Wer eine Klage beim Landgericht einreicht oder nach einem verlorenen Prozess Berufung einlegt, benötigt stets eine Anwältin oder einen Anwalt, es besteht insoweit Anwaltszwang.
Welche Ansprüche?
Im Rahmen eines Gerichtsverfahrens muss der Urlauber detailliert schildern, welche Reisemängel vorhanden waren und welche Ansprüche er dafür geltend macht. Lagen Reisemängel vor, kann der Urlauber den Reisepreis mindern. Bei einer Preisminderung wird die Höhe einer Entschädigung zwar vom Kläger beziffert, das ist aber immer nur eine individuelle Einschätzung, da es gesetzliche Vorgaben zur Minderungshöhe nicht gibt. In reiserechtlichen Urteilssammlungen wie der „Würzburger Tabelle zum Reiserecht bei Kreuzfahrten“ oder auch der „ADAC-Tabelle zur Preisminderung bei Reisemängeln“ finden sich zahlreiche Beispielfälle.
Diese Tabellen sind für Gerichte aber nicht bindend, jeder Fall zählt für sich. Wer aufgrund eines Reisemangels einen Körperschaden erlitten hat, muss deren Folgen substanziiert vortragen und eine Entschädigungsforderung geltend machen, z.B. ärztliche Behandlungskosten, Kosten für einen Rettungsflug, Verdienstausfall usw. Bei einem Körper- oder Gesundheitsschaden kann sich auch ein Anspruch auf Schmerzensgeld ergeben.
Andere Vermögens- oder Sachschäden müssen ebenfalls genau dargelegt und der konkrete Schaden beziffert werden. Pauschalreisen, zu denen die Kreuzfahrten gehören, haben gegenüber Individualreisen die Besonderheit, dass es bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise oder bei einer Verteilung (Ausfall der Reise) zusätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude gibt.
Die Höhe dieses Anspruches richtet sich ebenfalls nach dem Einzelfall und die Gerichte in Deutschland kommen dabei zu sehr unterschiedlichen Ergebnissen. In der Würzburger Tabelle sind zahlreiche Urteile aufgeführt. Wichtig zu wissen: Anders als bei der Preisminderung kann der Reiseveranstalter beim Schadensersatz den Versuch unternehmen, sich zu entlasten, d.h.
ein Verschulden von sich zu weisen.
Welche Beweismittel?
Da der Urlauber für das Vorhandensein von Reisemängeln und seine erlittenen Schäden beweispflichtig ist, muss bereits im Urlaub für einen möglichen Prozess vorgesorgt werden. Der Reisende ist nach den reiserechtlichen Vorgaben auch dazu verpflichtet, auf bestehende Reisemängel sofort hinzuweisen.
Aus diesem Grund ist es von Vorteil, wenn man vor Gericht ein ausführliches Reklamationsprotokoll von seiner Beschwerde am Urlaubsort bzw. auf dem Schiff vorlegen kann. Zeugen, die einen Reisemangel bestätigen und beschreiben können, sind ebenfalls hilfreich, so dass der betroffene Urlauber vor Ort Name und Adressen notieren sollte. Reiseunterlagen, Fotos und Handyfilme sind gleichfalls nützliche Beweismittel. In besonderen Fällen kommt auch ein Sachverständigengutachten für ein Beweisthema in Frage.
Welches Ergebnis?
Zahlreiche Klagen von Urlaubern werden durch eine gütliche Vereinbarung der Streitparteien beendet. Man spricht dabei von einem Vergleich, der oft auf Vorschlag des Gerichts angeregt und vereinbart wird. Seitens des Gerichts wird dargelegt, dass man zur Einschätzung kommt, dass zwar (teilweise) Reisemängel vorlagen, aber der Kläger mit seiner Klage einen zu hohen Anspruch geltend macht. Sodann regt das Gericht ein gegenseitiges Nachgeben an.
Stimmen die Parteien zu, wird der Rechtsstreit durch einen Vergleich beendet.
Können sich die Parteien nicht einigen, wird am Ende des Verfahrens ein Urteil gesprochen. Gegen das Urteil können sowohl Klagepartei als auch Beklagter Berufung einlegen, wenn man als Partei mit einem Betrag von mehr als 600 Euro verliert oder das Gericht die Berufung ausdrücklich zulässt.
Welche Kosten?
Ein Gerichtsverfahren wegen einer missglückten Kreuzfahrt kann teuer werden. Die Höhe der Gerichts- und Anwaltskosten hängt von der Höhe des Streitwertes (Klageforderung) ab, zudem können Zeugen und Sachverständige weitere hohe Kosten verursachen. Eine private Rechtsschutzversicherung oder auch besondere Mitgliedschaften in Automobilclubs können das Prozessrisiko von den Schultern des Urlaubers nehmen.
Derjenige, der eine Klage verliert, zahlt den Prozess. Kommt es zu einem Vergleich oder wird eine Klage nur teilweise gewonnen, werden die Kosten zwischen den Parteien anteilig verteilt.
Dieser Text ist in CRUCERO 03/2024 erschienen und wurde am 06.09.2024 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.