Wenn die Kreuzfahrt abgesagt wird: Wer entschädigt den Urlaubsfrust?

zur Merkliste
hinzugefügt

Nach der Pan­de­mie ist der Neu­start der Kreuz­fahr­ten gut gelun­gen. Gleich­wohl füh­ren Schiffs­ver­käu­fe, Schiffs­wech­sel oder orga­ni­sa­to­ri­sche Ände­run­gen der Rei­se­rou­ten dazu, dass bereits gebuch­te Kreuz­fahr­ten abge­sagt wer­den. Eine Kreuz­fahrt ist eine Pau­schal­rei­se und so genießt der Urlau­ber den umfang­rei­chen Schutz des Rei­se­ver­trags­rechts, gere­gelt in §§ 651a BGB.

Eine Kreuz­fahrt ist eine Pau­schal­rei­se und so genießt der Urlau­ber den umfang­rei­chen Schutz des Rei­se­ver­trags­rechts, gere­gelt in §§ 651a BGB.

Absage oder erhebliche Änderungen

Das Rei­se­recht sieht ein ein­sei­ti­ges Rück­tritts­recht des Rei­se­ver­an­stal­ters vom Rei­se­ver­trag auf­grund wirt­schaft­li­cher oder orga­ni­sa­to­ri­scher Not­wen­dig­kei­ten nicht vor. Sagt der Rei­se­ver­an­stal­ter eine Kreuz­fahrt unzu­läs­sig ab, kön­nen für den Rei­se­kun­den auf­grund der Ver­ei­te­lung der Rei­se Ent­schä­di­gungs­an­sprü­che ent­ste­hen.

Eben­so ver­hält es sich, wenn der Rei­se­ver­an­stal­ter vor Beginn der Kreuz­fahrt erheb­li­che Ände­run­gen der Kreuz­fahrt mit­teilt, etwa eine umfang­rei­che Rou­ten­än­de­rung, und der Rei­se­kun­de aus die­sem Grund von sei­nem ihm zuste­hen­den Recht Gebrauch macht, kos­ten­frei von der Rei­se zurück­zu­tre­ten.

Rückzahlung des Reisepreises

Bei einer Rei­se­ab­sa­ge durch den Ver­an­stal­ter bzw. bei einem berech­tig­ten kos­ten­frei­en Rück­tritt vom Ver­trag sei­tens des Kun­den muss der Rei­se­ver­an­stal­ter erhal­te­ne Kun­den­gel­der unver­züg­lich erstat­ten und darf kei­ner­lei Stor­no­kos­ten oder Bear­bei­tungs­ge­büh­ren berech­nen.
Im Gesetz ist eine Rück­zah­lungs­frist von 14 Tagen nach dem erklär­ten Rück­tritt nie­der­ge­legt. Bezahlt der Ver­an­stal­ter den Rei­se­preis bzw. eine geleis­te­te Anzah­lung nicht inner­halb der gesetz­li­chen Frist zurück, ent­steht eine Ver­zugs­la­ge und der Kun­de kann sich auf Kos­ten des Rei­se­ver­an­stal­ters anwalt­li­cher Hil­fe bedie­nen, um sei­ne For­de­rung durch­zu­set­zen.

Schadensersatz

Der Rei­se­kun­de kann vom Rei­se­ver­an­stal­ter Scha­dens­er­satz for­dern, wenn sich der Rei­se­ver­an­stal­ter bezüg­lich der Rei­se­ab­sa­ge nicht ent­las­ten kann. Das Rei­se­ver­trags­recht gibt nur drei Ent­las­tungs­grün­de für das Rei­se­un­ter­neh­men vor. Ent­we­der der Rei­se­ver­an­stal­ter kann vor­tra­gen, der Kun­de hat die Absa­ge der Kreuz­fahrt ver­schul­det oder die Ver­ei­te­lung der Rei­se wur­de unvor­her­seh­bar oder unver­meid­bar durch einen Drit­ten ver­ur­sacht, der kein Leis­tungs­er­brin­ger des Ver­an­stal­ters ist. Eben­so muss der Rei­se­ver­an­stal­ter kei­nen Scha­dens­er­satz leis­ten, wenn die Absa­ge der Kreuz­fahrt auf unver­meid­ba­re, außer­ge­wöhn­li­che Umstän­de zurück­zu­füh­ren ist.

Entgangene Urlaubsfreude

Das Pau­schal­rei­se­recht sieht für den Urlau­ber bei einer Ver­ei­te­lung einer Rei­se einen soge­nann­ten Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen nutz­los auf­ge­wen­de­ter Urlaubs­zeit vor. Das ist ein kla­rer Vor­teil gegen­über einem Indi­vi­du­al­tou­ris­ten, denn nur im Rah­men einer Pau­schal­rei­se gibt es die­sen Anspruch. Bucht jemand folg­lich nur ein Hotel, liegt kein Pau­schal­rei­se­ver­trag vor, da es an der Bün­de­lung durch einen Anbie­ter von min­des­tens zwei ver­schie­de­nen Rei­se­leis­tun­gen (z.B. Flug und Hotel) fehlt. Sagt das Hotel den Urlaub wegen Über­bu­chung ab, bekommt der buchen­de Hotel­gast zwar sein Geld zurück, jedoch kei­nen Scha­dens­er­satz wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de.

Eine Kreuz­fahrt ist aber eine Pau­schal­rei­se, da sie sich aus ver­schie­de­nen Kom­po­nen­ten zusam­men­setzt, auch wenn die An- und Abrei­se zu Schiff vom Kun­den ander­wei­tig orga­ni­siert bzw. gebucht wird.

Die Höhe des Scha­dens­er­sat­zes wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de berech­nen die Gerich­te sehr unter­schied­lich. Ent­schei­dend kommt es dar­auf an, wie viel Zeit vor Rei­se­start die Kreuz­fahrt abge­sagt wird.

Zahl­rei­che Urtei­le hier­zu fin­den sich in der Würz­bur­ger Tabel­le zum Rei­se­recht bei Kreuz­fahr­ten. So beka­men Urlau­ber, die eine Kreuz­fahrt ab Mal­lor­ca star­ten woll­ten, 50 % des Rei­se­prei­ses als zusätz­li­che Ent­schä­di­gung zuge­spro­chen, da das ein­ge­setz­te Schiff noch nicht rei­se­taug­lich war und die Rei­se einen Tag vor Start abge­sagt wur­de (Land­ge­richt Ros­tock, Az. 1 O 112/20).

Eben­falls 50 % des Rei­se­prei­ses erhiel­ten Urlau­ber, deren Hoch­see­kreuz­fahrt 4 Mona­te vor Rei­se­be­ginn vom Ver­an­stal­ter gestri­chen wur­de (Land­ge­richt Mün­chen I, Az. 13 S 372/20).

Das Amts­ge­richt Char­lot­ten­burg muss­te einen Fall ent­schei­den, bei dem der Aus­fall der gebuch­ten Kreuz­fahrt 13 Mona­te vor­her mit­ge­teilt wur­de. Eine Ent­schä­di­gung in Höhe von 25 % des Rei­se­prei­ses hielt das Gericht für ange­mes­sen (Az. 237 C 363/17).

Der Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de ist auch durch­setz­bar, wenn man auf eige­ne Faust ander­wei­tig eine Ersatz­rei­se bucht.

Vor dem Bun­des­ge­richts­hof lan­de­te ein Fall eines Ehe­paa­res, das 3 Tage vor Start einer gebuch­ten Kreuz­fahrt mit­ge­teilt bekom­men hat, dass die Kreuz­fahrt für sie nichts statt­fin­den kann. Eini­ge Tage ver­brach­ten die bei­den Rei­se­kun­den noch zu Hau­se, dann ging es alter­na­tiv auf eine Flo­ri­da-Rund­rei­se. Zusam­men­ge­rech­net erhiel­ten die bei­den rund 73 % des Rei­se­prei­ses der Kreuz­fahrt als Ent­schä­di­gung zuge­spro­chen (Az. X ZR 94/17).

Eben­so wird die Ver­ei­te­lung einer Rei­se ent­schä­digt, wenn man in der eigent­lich ein­ge­plan­ten Urlaubs­zeit sei­ne Arbeits­tä­tig­keit wie­der auf­nimmt bzw. sei­nen Urlaub ver­schiebt.

Schadensersatz wegen vergeblicher Aufwendungen

Hat der Rei­sen­de im Ver­trau­en auf Durch­füh­rung der Rei­se schon wei­te­re Buchun­gen vor­ge­nom­men, bei­spiels­wei­se die Anrei­se zum Schiff per Bahn oder Flug­zeug oder eine Hotel­re­ser­vie­rung im Ein- oder Aus­schif­fungs­ha­fen, und fal­len wegen der Absa­ge Stor­no­kos­ten an, kann der Kun­de die­se Kos­ten gegen­über dem Rei­se­ver­an­stal­ter eben­falls als Scha­dens­po­si­tio­nen gel­tend machen.

Dieser Text ist in CRUCERO 01/2023 erschienen und wurde am 08.03.2023 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.

Sie haben eine Frage?

Senden Sie eine E‑Mail an redaktion@crucero-magazin.de. Wir werden die Fragen unserer Leserinnen und Leser sammeln und eine Auswahl der Einsendungen in den folgenden Ausgaben von CRUCERO von Kay P. Rodegra beantworten lassen.

Weitere Informationen

Mehr Informationen zum Reiserecht bei Kreuzfahrten kostenfrei unter: www.würzburger-tabelle.de

Fehler gefunden? Schreiben Sie eine Mail an: redaktion@crucero-magazin.de

NEWSLETTER ANMELDUNG

DISKUSSION

You cannot copy content of this page