Die Routenplanung ist neben der Wahl des Kreuzfahrtschiffes das wichtigste Entscheidungskriterium bei der Buchung einer Kreuzfahrt. Kommt es dann vor oder während der Reise zu einer Routenänderung, ist die Enttäuschung beim Passagier groß und führt in vielen Fällen zur Geltendmachung reisevertraglicher Gewährleistungsansprüche gegen den Reiseveranstalter. Da es sich bei einer Kreuzfahrt um eine Pauschalreise handelt, findet das Reisevertragsrecht Anwendung.
Reisemangel
Wird von der vereinbarten Route einer Kreuzfahrt abgewichen und zugesagte Anlandungen bzw. Häfen fallen aus, liegt nach Urteilen diverser Gerichte in der Regel ein Reisemangel vor, der zu einer Preisminderung berechtigt. Ein Anspruch auf Minderung des Reisepreises ist verschuldensunabhängig, d.h. auf den Grund der Änderung kommt es nicht an.
Rücktritt von der Reise
Teilt der Reiseveranstalter bereits vor Start der Kreuzfahrt mit, dass zugesagte Ziele auf der Reise nicht mehr angelaufen werden, sollte der Urlauber umgehend seinen Unmut zum Ausdruck bringen, wenn er nicht einverstanden ist. Schweigt der Reisende auf die Mitteilung des Reiseveranstalters und tritt die Reise an, kann ansonsten gegebenenfalls von einem Einverständnis ausgegangen werden. Bei erheblichen Änderungen des geplanten Reiseverlaufs kann der Urlauber kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten. Ob die Schwelle zur Erheblichkeit überschritten wird, muss aber in jedem Einzelfall überprüft werden. Fällt nur ein Hafen von 10 zugesagten Destinationen aus, liegt eher keine Erheblichkeit vor. Fallen jedoch 5 von 10 aus, kann man von einer unzumutbaren Änderung ausgehen.
Kann sich der Reiseveranstalter nicht entlasten, also nicht vortragen, dass er für die Änderungen nichts kann, also zum Beispiel aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände, ergibt sich für den Reisenden zusätzlich ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude. In der Würzburger Tabelle zum Reiserecht bei Kreuzfahrten finden sich zahlreiche Urteile zum Problem von Streckenänderungen. Gerichte bewerten Umroutungen unterschiedlich.
Änderungsvorbehalt
Das Kleingedruckte im Reisevertrag ist wichtig. Doch die Klauseln dürfen den Verbraucher nicht zu sehr benachteiligen. Auch wenn ein Änderungsvorbehalt bezüglich der vereinbarten Strecke in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen steht, liegt bei einer Routenänderung ein Reisemangel vor (Amtsgericht Rostock, Az. 47 C 319/16).
Änderung der Richtung
Eine Nilkreuzfahrt wird statt flussaufwärts, flussabwärts durchgeführt, ohne dass ein versprochenes Ziel ausfällt. Es liegt kein Reisemangel vor (Landgericht Bonn, Az. 5 S 229/93).
Seetag fällt aus
Ein zugesagter Seetag wird gestrichen. Es ist eine Minderung von 50 % des anteiligen Tagesreisepreises gerechtfertigt (Landgericht Frankfurt/M., Az. 2/24 S 95/16).
Terrorgefahr
Wegen einer akuten Terrorgefahr fallen Häfen in Ägypten und Oman aus. Keine Preisminderung möglich, wenn sich der Reiseveranstalter eine Änderung vorbehält und es sich nicht um eine willkürliche Änderung handelt (Landgericht Hannover, Az. 12 S 65/02).
Niedrigwasser
Auf einer 7‑tägigen Flusskreuzfahrt fallen 3 Häfen wegen zu geringem Wasserstand aus. 40 % Preisminderung ist gerechtfertigt (Amtsgericht Rostock, Az. 47 C 319/16).
Anlandungen fallen aus
An einem Reisetag fallen 2 Anlandungen aus, die besonders beworben wurden. 60 % Minderung des anteiligen Reisepreises für einen Tag. Zusätzlich besteht ein Schadensersatzanspruch wegen entgangener Urlaubsfreude, wenn ein Verschulden des Reiseveranstalters gegeben ist (Landgericht Frankfurt/M., Az. 2/24 O 298/15).
Transfer zum Ziel
Der vertraglich vereinbarte Hafen von Stockholm wird nicht angelaufen, sondern es erfolgt eine Anlandung 60 Kilometer davor. Stockholm wird per Bus besucht. Es ist ein Reisemangel gegeben (Amtsgericht München, Az. 262 C 1373/09).
Ersatzhafen
Ein zugesagter Hafen in der Karibik fällt aus, ein Ersatzhafen wird angeboten. Es ist eine Preisminderung von 50 % des Tagesreisepreises gerechtfertigt (Amtsgericht München, Az. 262 C 7068/18).
Kein Ersatzhafen
Ein versprochener Hafen im Mittelmeer fällt aus, ein Ersatzhafen wird nicht angelaufen. 70 % des Tagesreisepreises kann als Minderungshöhe angesetzt werden (Amtsgericht Hamburg, Az. 17a C 343/16).
Zwei Häfen fallen aus
Auf einer 14-tägigen Kreuzfahrt werden 2 Häfen in Israel gestrichen, für die 3 Tage eingeplant waren. 70 % Minderung des Reisepreises für 3 Tage und zusätzlich Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude, wenn ein Verschulden des Reiseveranstalters vorliegt (Landgericht Frankfurt/M., Az. 2/24 S 95/16).
Ausfall von drei Häfen
Bei einer 11-tägigen Kreuzfahrt fallen an 3 Tagen zugesagte Häfen aus. Ein Ersatzprogramm wird angeboten. 50 % Minderung des Reisepreises für 3 Tage möglich (Amtsgericht Hamburg, Az. 17a C 343/16).
Vier Häfen fehlen
Auf einer 19-tägigen Schiffsreise werden 4 geplante Häfen nicht angelaufen. 10 % Minderung des Gesamtreisepreises gerechtfertigt (Amtsgericht Bremen, Az. 5 C 188/16). Auf einer 14-tägigen arktischen Kreuzfahrt fallen 4 Häfen aus. Preisminderung in Höhe von 1/3 des anteiligen Tagesreisepreises der betroffenen Tage (Landgericht Frankfurt/M. 2/24 0 30/15)
Highlight fällt weg
Wegen Fehlen eines Eisbrechers kann das Kreuzfahrtschiff Grönland nicht umrunden. Der Preis der Reise kann um 30 % gemindert werden (Landgericht Frankfurt/M., Az. 2/14 O 414/94). Die vertraglich versprochene Durchfahrt der Nordwest-Passage wird wegen Packeis gestrichen. 30 % Preisminderung möglich (Landgericht Hamburg, Az. 310 O 26/07). Die zugesagte „Umrundung von Kap Horn“ fällt aus. 60 % Minderung des Tagesreisepreises und zusätzlich Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude, wenn sich der Reiseveranstalter nicht entlasten kann (Amtsgericht Wiesbaden, Az. 93 C 1098/20).
Anderes Seegebiet
Statt im Schwarzen Meer zu kreuzen, wird das östliche Mittelmeer befahren. Der Urlauber bekommt 30 % des Reisepreises zurück (Amtsgericht München, Az. 275 C 27977/14).
Kündigung des Vertrages
10 Monate vor Reisebeginn teilt der Reiseveranstalter mit, dass sich die Kreuzfahrt von 21 Tagen auf 14 Tage verkürzt und der Start der Reise nicht in Dubai, sondern Mumbai erfolgt und diverse Häfen ausfallen. Der Kunde kann den Reisevertrag kündigen. Er bekommt den Reisepreis wieder und hat zusätzlich einen Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude in Höhe von 50 % des Reisepreises, wenn sich der Reiseveranstalter nicht entlasten kann (Landgericht Hamburg, Az. 309 S 57/17).