Royal Caribbean Cruises hat entschieden, alle Anläufe ihrer Flotte in Labadee, Haiti, für die kommenden sieben Tage zu stornieren. Diese Maßnahme, die möglicherweise verlängert wird, folgt auf eine Reihe von Gewaltausbrüchen auf der Insel, die zu einem politischen Stillstand im Karibikstaat geführt haben.
Betroffene Gäste werden kurzfristig, mindestens drei Tage im Voraus, über weitere Absagen informiert. Royal Caribbean CEO Michael Bayley veröffentlichte diese Entscheidung in einem Facebook-Posting.
Labadee, eine Halbinsel an der Nordküste von Hispaniola und rund 200 Kilometer von der Hauptstadt Port-au-Prince entfernt, dient Royal Caribbean als Standort für einen privat betriebenen Strand. Dieses Areal ist gepachtet und durch Zäune sowie Sicherheitspersonal geschützt. Jährlich zieht der Ort etwa eine Million Kreuzfahrttouristen an.
Eskalation der Gewalt und politische Krise in Haiti
Seit Ende Februar 2024 hat die Gewalt in Haiti deutlich zugenommen. Bewaffnete Gruppierungen haben staatliche Einrichtungen wie Polizeistationen, Gerichte und Gefängnisse angegriffen, was zur Flucht von über 4.500 Gefangenen führte. Als Reaktion auf die zunehmende Unsicherheit rief die Regierung Anfang März den Notstand aus und setzte eine nächtliche Ausgangssperre durch.
Die Situation verschärfte sich weiter, als sich die zwei führenden bewaffneten Gruppen des Landes vereinten. Ihr Anführer, Jimmy Chérizier, auch bekannt als „Barbecue“, forderte den Rücktritt des Interimsregierungschefs Ariel Henry und drohte mit einem Bürgerkrieg. Henry, durch die Gewaltwelle in seiner Rückkehr aus dem Ausland gehindert, verkündete am 12. März 2024 seinen Rücktritt.
Anhaltende politische Unsicherheit und humanitäre Krisen
Haiti, das ärmste Land der westlichen Hemisphäre, befindet sich in einer anhaltenden politischen und humanitären Krise. Nach der Ermordung des Präsidenten Jovenel Moïse im Juli 2021 übernahm Ariel Henry die Führung, allerdings ohne dass seither Wahlen stattgefunden hätten. Eine Einigung mit der Opposition, die ein gemeinsames Regieren bis zu Neuwahlen innerhalb von zwölf Monaten vorsah, konnte die politische Lähmung nicht überwinden.
Zusätzlich zu den politischen Turbulenzen leidet das Land unter den Folgen von Naturkatastrophen, darunter das verheerende Erdbeben von 2010 mit hunderttausenden Toten. Eine seit November 2023 neu aufflammende Cholera-Welle hat zudem hunderte Menschenleben gefordert, was die ohnehin prekäre Lage weiter verschärft. Bis Januar 2024 wurden allein in der Hauptstadt Port-au-Prince 20.000 Cholerafälle registriert.