Reiserücktritt wegen Naturkatastrophen: Was Urlauber wissen sollten

Informieren Sie sich über Rücktrittsmöglichkeiten, Veranstalterkündigungen und Versicherungsschutz.

zur Merkliste
hinzugefügt

Auf der grie­chi­schen Insel Rho­dos und in vie­len wei­te­ren belieb­ten Rei­se­re­gio­nen in Süd­eu­ro­pa wüte­ten im Juli 2023 ver­hee­ren­de Wald­brän­de. Tau­sen­de Urlau­ber muss­ten eva­ku­iert wer­den und ihre Rei­se abbre­chen. Ande­re konn­ten den Urlaub gar nicht erst antre­ten, weil Rei­sen vom Ver­an­stal­ter gestri­chen wur­den.

Natur­er­eig­nis­se, wie Wald­brän­de, schwe­re Stür­me, Erd­be­ben, Vul­kan­aus­brü­che und Hoch- oder Nied­rig­was­ser kön­nen auch eine Hoch­see- oder Fluss­kreuz­fahrt betref­fen.

Rücktritt durch den Kunden

Eine Kreuz­fahrt ist eine Pau­schal­rei­se und der Kun­de genießt den vol­len Schutz des Rei­se­ver­trags­rechts. Gene­rell gilt für Pau­schal­rei­sen, kommt es am Rei­se­ziel oder in des­sen unmit­tel­ba­rer Nähe zu einer aku­ten Gefah­ren­la­ge oder sind erheb­li­che Beein­träch­ti­gun­gen gege­ben oder zu erwar­ten, kann ein Pau­schal­tou­rist den kos­ten­frei­en Rück­tritt vom Rei­se­ver­trag auf­grund unver­meid­ba­rer, außer­ge­wöhn­li­cher Umstän­de erklä­ren.

Die beson­de­ren Ver­hält­nis­se müs­sen aber zum Zeit­punkt des geplan­ten Rei­se­an­tritts fest­ste­hen oder höchst­wahr­schein­lich sein. Wenn der Rei­se­kun­de zu früh den Rück­tritt erklärt, obwohl noch gar nicht abseh­bar ist, ob zum Zeit­punkt der Rei­se noch eine Gefah­ren­la­ge besteht oder erheb­li­che Beein­träch­ti­gun­gen vor­han­den sind, kann der Rei­se­ver­an­stal­ter Stor­no­kos­ten ver­lan­gen.

Bei einer Kreuz­fahrt ist ein sol­ches Sze­na­rio denk­bar, wenn der Start- oder Ziel­ha­fen in einem Kri­sen­ge­biet liegt oder auf der Rou­te erheb­li­che Beein­träch­ti­gun­gen zu erwar­ten sind. Gehört die Flug­an­rei­se mit zum Rei­se­ver­trag und kann der Flug auf­grund außer­ge­wöhn­li­cher Umstän­de nicht durch­ge­führt wer­den, kann der Urlau­ber eben­falls kos­ten­frei zurück­tre­ten, obwohl die Kreuz­fahrt als sol­che womög­lich gar nicht tan­giert ist.

Schlech­ter gestellt sind Kreuz­fah­rer, die die Flug­an­rei­se sepa­rat gebucht haben. Kann der Flug zum Schiff nicht durch­ge­führt wer­den, weil etwa am Abflug­ha­fen ein Sturm tobt, berührt das den Rei­se­ver­trag über die Kreuz­fahrt nicht. Ver­passt der Urlau­ber das Schiff oder sagt er die Rei­se ganz ab, fällt es in sein Kos­ten­ri­si­ko.

Rücktritt durch den Reiseveranstalter

Wenn unver­meid­ba­re, außer­ge­wöhn­li­che Umstän­de die Rei­se erheb­lich beein­träch­ti­gen bzw. gefähr­den, kann auch der Rei­se­ver­an­stal­ter vor Rei­se­start den Rück­tritt vom Ver­trag erklä­ren. In einem sol­chen Fall muss der Rei­se­ver­an­stal­ter inner­halb von 14 Tagen nach dem Rück­tritt den voll­stän­di­gen Rei­se­preis an den Rei­se­kun­den erstat­ten. Einen Rei­se­gut­schein oder eine Umbu­chung auf eine ande­re Kreuz­fahrt muss der Rei­se­kun­de nicht akzep­tie­ren.

Änderung der Reiseziele

Natur­ka­ta­stro­phen kön­nen auch dazu füh­ren, dass der Rei­se­ver­an­stal­ter vor Rei­se­be­ginn oder wäh­rend der Kreuz­fahrt eine Rou­ten­än­de­rung erklärt. Der Aus­fall zuge­sag­ter Häfen stellt einen Rei­se­man­gel dar, der zur Min­de­rung berech­tigt, da es auf ein Ver­schul­den des Rei­se­ver­an­stal­ters nicht ankommt.

Wird vor Rei­se­start eine Ände­rung erklärt, kann der Kun­de kos­ten­frei zurück­tre­ten, wenn die Ände­run­gen erheb­lich sind. Fal­len auf einer län­ge­ren Kreuz­fahrt aber nur weni­ge Häfen von einer Viel­zahl von Zie­len aus, liegt zwar ein Rei­se­man­gel vor, doch wird die Erheb­lich­keits­schwel­le zum kos­ten­frei­en Rück­tritt in vie­len Fäl­len nicht über­schrit­ten sein. Es kommt auf die Bewer­tung des jewei­li­gen Ein­zel­fal­les an.

Reiseabbruch im Katastrophenfall

Kommt es wäh­rend einer Pau­schal­rei­se zu erheb­li­chen Beein­träch­ti­gun­gen bzw. zu gro­ßen Gefah­ren, kann der Urlau­ber die Rei­se kün­di­gen. Gehört der Rück­flug mit zum Rei­se­ver­trag, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter für eine zeit­na­he Rück­be­för­de­rung sor­gen. Anfal­len­de Mehr­kos­ten trägt der Rei­se­ver­an­stal­ter. Für den aus­ge­fal­le­nen Teil der Rei­se kann der Urlau­ber zudem eine Teil­rück­erstat­tung des Rei­se­prei­ses ver­lan­gen; einen zusätz­li­chen Scha­dens­er­satz­an­spruch wegen ent­gan­ge­ner Urlaubs­freu­de hat er aber nicht.

Rei­sen­de, die ihren Rück­flug nicht in den Rei­se­ver­trag ein­be­zo­gen, son­dern geson­dert gebucht haben, müs­sen ihren Ersatz­flug selbst bezah­len.

Unvorhergesehene Rückreise

Ver­zö­gert sich der zur Kreuz­fahrt gehö­ren­de Rück­flug auf­grund der Natur­ka­ta­stro­phe, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter kos­ten­frei Hil­fe leis­ten. Bis zu einer Dau­er von 3 Tagen muss er eine kos­ten­freie Unter­kunft zur Ver­fü­gung stel­len. Für Rei­sen­de mit ein­ge­schränk­ter Mobi­li­tät oder Schwan­ge­re gibt es kei­ne zeit­li­che Begren­zung, sofern sie min­des­tens 48 Stun­den vor Rei­se­be­ginn auf ihre beson­de­ren Bedürf­nis­se hin­ge­wie­sen haben. Kom­men für den Rück­flug die EU-Flug­gast­rech­te zur Anwen­dung, muss die Air­line eben­falls eine kos­ten­freie Unter­brin­gung inkl. Ver­pfle­gung anbie­ten.

Die EU-Flug­gast­rech­te gel­ten für alle Flü­ge ab der EU und für Flü­ge aus einem Dritt­staat in die EU mit einer Flug­ge­sell­schaft, die ihren Sitz in der EU hat. Bei Anwen­dung der EU-Flug­gast­rech­te hat der Rei­sen­de folg­lich zwei Ansprech­part­ner, wenn der Rück­flug Teil des Rei­se­ver­tra­ges ist. Eine zeit­li­che Begren­zung der kos­ten­frei­en Hil­fe­leis­tun­gen gibt es im Rah­men der EU-Flug­gast­rech­ten weder für die Flug­ge­sell­schaft noch den Rei­se­ver­an­stal­ter.

Wetterbedingungen als Rücktrittsgrund

Wit­te­rungs­be­din­gun­gen wie bei­spiels­wei­se kürz­lich die Hit­ze­wel­le in Tei­len Süd­eu­ro­pas oder auch unru­hi­ge See fal­len unter das all­ge­mei­ne Lebens­ri­si­ko. Hohe Tem­pe­ra­tu­ren auf der Rou­te einer Kreuz­fahrt oder auch schlech­tes Wet­ter ohne kon­kre­tes Sicher­heits­ri­si­ko stel­len daher kei­nen unver­meid­ba­ren, außer­ge­wöhn­li­chen Umstand dar, der zum kos­ten­frei­en Rück­tritt vom Rei­se­ver­trag berech­tigt.

Reiserücktrittskostenversicherung bei Naturkatastrophen

Eine Rei­se­rück­tritts­kos­ten­ver­si­che­rung, die die Stor­no­kos­ten über­nimmt, greift nur, wenn der Urlau­ber eine Rei­se auf­grund von uner­war­te­ten indi­vi­du­el­len Risi­ken und Grün­den nicht antre­ten kann bzw. ein Antritt der Rei­se nicht zumut­bar ist. Dazu zäh­len bei­spiels­wei­se eine plötz­li­che Erkran­kung des Urlau­bers, der Tod des Rei­sen­den oder eines nahen Ange­hö­ri­gen oder auch der Ein­bruch oder Brand in der eige­nen Woh­nung. Sor­gen oder Ängs­te, zu einem gebuch­ten Ziel zu rei­sen, oder extre­me Wet­ter­be­din­gun­gen sind kein Ver­si­che­rungs­fall. Glei­ches gilt für eine Rei­se­ab­bruch­ver­si­che­rung.

Dieser Text ist in CRUCERO 03/2023 erschienen und wurde am 06.09.2023 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.

Sie haben eine Frage?

Senden Sie eine E‑Mail an redaktion@crucero-magazin.de. Wir werden die Fragen unserer Leserinnen und Leser sammeln und eine Auswahl der Einsendungen in den folgenden Ausgaben von CRUCERO von Kay P. Rodegra beantworten lassen.

Weitere Informationen

Mehr Informationen zum Reiserecht bei Kreuzfahrten kostenfrei unter: www.würzburger-tabelle.de

Fehler gefunden? Schreiben Sie eine Mail an: redaktion@crucero-magazin.de

NEWSLETTER ANMELDUNG

DISKUSSION

You cannot copy content of this page