Christoph Assies: Norwegian Prima heißt das neue Schiff von Norwegian Cruise Line (NCL). Was sagen die Mitbewerber von AIDA zum Namen?
Kevin Bubolz: Das ist eine gute Frage, die Sie aber AIDA stellen müssen (lacht). Unser Name wird Englisch ausgesprochen und bei unserem deutschen Mitbewerber wird das Schiff ja nicht einfach nur Prima genannt.
Es gibt sicherlich kaum einen Schiffsnamen auf der Welt, den es nur einmal gibt. Wir haben ein Konzept dahinter, es ist das erste Schiff einer bahnbrechenden neuen Schiffsklasse und in Bezug zur italienischen Werft passt auch der italienische Name.
Zum Außendesign habe ich in ersten Reaktionen von einem optischen Vergleich zu MSC Seaside und Scarlet Lady gelesen. Was hat es mit der Form und vor allem mit dem neuen Bugdesign auf sich?
Die beiden anderen genannten Schiffe sind auch bei Fincantieri gebaut worden, wie jetzt Norwegian Prima. Sehr wahrscheinlich gibt es gewisse Ähnlichkeiten in der Ingenieurskunst für die Schiffe.
Wenn wir uns die Schiffe der Meyer Werft aus Papenburg anschauen, gibt es da ja auch gewisse Ähnlichkeiten unabhängig von der Reederei. Unser Ansatz war bei der Prima-Klasse der Ausbau der Nähe zum Ozean.
Wir haben jetzt das erfolgreiche Waterfront-Konzept der Breakaway-Klasse ausgebaut und noch mehr Fläche außen geschaffen. Dafür ist dieses Design perfekt, weil hier nun die Maschinen in der Mitte des Schiffes liegen und wir so mehr Platz am Heck für Außenbereiche haben. Der Bug hat aus Effizienzgründen diese neue Form. Da geht es um bestimmte Strömungsverhältnisse. Die Norwegian Prima wird unser effizientestes Schiff.
Zusätzlich wollen wir mehr Platz pro Passagier. Schon zwischen Norwegian Escape und Norwegian Encore hat sich das Verhältnis deutlich verbessert. Mit der Prima-Klasse geht das noch einen Schritt weiter.
Kevin Bubolz
Kevin Bubolz
ist seit März 2018 als Managing Director Europa-Chef von Norwegian Cruise Line und in dieser Funktion zuständig für die Märkte in Kontinentaleuropa, Skandinavien und Finnland. Als gebürtiger Kieler, und durch die Nähe zum Meer, sind Schiffe schon immer seine Leidenschaft gewesen. Kevin Bubolz ist verheiratet und hat zwei Töchter, die seine Begeisterung für Kreuzfahrtschiffe bereits teilen.
Die Breakaway-Plus-Klasse war nach Ihren Angaben die erfolgreichste Baureihe in der Geschichte von NCL. Kann die neue Klasse diesen Erfolg überflügeln?
In der Vergangenheit konnten neuere Schiffe immer noch einmal die Zahlen vom Vorgänger steigern. Durch Corona haben wir zwar das Handicap, dass wir den Verkauf der ersten Reisen später gestartet haben, als es normal der Fall gewesen wäre, wir rechnen aber speziell am Anfang mit einem Ansturm. Nach der ersten Veröffentlichung war das Interesse bereits gewaltig. Ohnehin buchen die Menschen gerne im Voraus und wollen sich nach der langen Corona-Zeit Träume erfüllen.
Nach den Schiffen für mehr als 4000 Passagiere, wird NCL nun wieder kleiner und kompakter. Das scheint in die aktuelle Zeit zu passen, ist aber schon vorher festgelegt worden. Was gab den Ausschlag?
Zu unserer Philosophie gehört es, eine flexible Flotte zu haben. Wir wollen eine Mischung im Größenangebot. Während ab Miami für die Karibik ein großes Schiff als zusätzliche Destination gefragt ist, brauchen wir in anderen Destinationen ein kleineres, manövrierfähiges Schiff, das auch kleinere Häfen anlaufen kann. Die sechs Schiffe der Prima-Klasse, zwischen der Jewel- und der Breakaway-Klasse, ergeben eine flexible Flotte.
Zusätzlich wollen wir mehr Platz pro Passagier. Schon zwischen Norwegian Escape und Norwegian Encore hat sich das Verhältnis deutlich verbessert. Mit der Prima-Klasse geht das noch einen Schritt weiter.
Man muss sich vor Augen führen, dass die Norwegian Prima im Vergleich zur Norwegian Breakaway nur zehn Prozent kleiner ist, aber 800 Passagiere weniger an Bord aufnimmt. Die Norwegian Prima wird im Vergleich zu Mitbewerbern führend beim Platzangebot pro Passagier sein.
Inwiefern spielten aktuelle Herausforderungen der Kreuzfahrt durch Corona bei der Entwicklung der Norwegian Prima eine Rolle? Gibt es beispielsweise ein Buffet-Angebot?
Das wird es geben. Corona hat die Entwicklung der Prima-Klasse nicht beeinflusst. Wir waren bei einigen Aspekten bereits auf der richtigen Spur.
Was das Buffet angeht, wird es das auf der Norwegian Prima zunächst mit Bedienung geben. Speziell in der Indulge Food Hall auf Deck 8 am Heck werden Spezialitäten in Kleinküchen-Form angeboten, das ist aber ausdrücklich nicht der Ersatz für das klassische Buffet.
Entwickelt wurde die neue Baureihe mit der Fincantieri-Werft in Italien, obwohl die meisten Schiffe der NCL-Flotte von der Meyer Werft in Papenburg kommen. Warum der Wechsel?
Wir sind mit der Meyer Werft immer sehr zufrieden gewesen und waren dort sehr gerne Kunde. Die große Mehrzahl unserer Schiffe kommt immerhin von der Meyer Werft.
Im Fall der Prima-Klasse war es so, dass es in Papenburg nicht möglich war, zu unserem gewünschten Starttermin im Abstand von jeweils einem Jahr diese sechs Schiffe zu bekommen. Dass die Meyer Werft diesen Zuschlag nun nicht bekommen hat, heißt überhaupt nichts für die Zukunft. Die Meyer Werft baut fantastische Schiffe.
Die Norwegian Prima soll die Passagiere noch näher an das Meer bringen und besonders viel Außenfläche bieten. Erleben wir eine neue Wertschätzung der früher selbstverständlichen Charaktereigenschaften eines Passagierschiffes?
Wenn Sie die Rückbesinnung auf den Ozean meinen, dann hoffe ich das doch. Die Norwegian Epic war im Prinzip unser letztes Schiff, das zum Großteil nach innen gebaut wurde mit weniger Möglichkeiten, zum Beispiel von ganz oben auf das Meer zu schauen.
Mit der Breakway-Klasse haben wir die Waterfront eingeführt, es kam fantastisch an und jetzt entwickeln wir das weiter. Das Erlebnis „Ozean“ auf Deck 8 mit den Infinity-Pools der Norwegian Prima muss fantastisch sein.
Schon bei den letzten Schiffen der Breakaway-Plus-Klasse wurde das Design immer gediegener. Ist NCL in einem Imagewandel vom bunten Fun-Ship zum Premium-Cruiser für die entspannte Auszeit auf dem Wasser?
Das kann man so sagen. Unser Chef Frank Del Rio hat unsere Schwestermarke Oceania Cruises entwickelt und hat immer mehr Einflüsse zu NCL gebracht. Wir haben immer mehr in Materialien und Qualität investiert. Mittlerweile positionieren wir uns als Main-Stream-Cruiseline, jedoch am obersten Level dieses Segments.
Eine Kartbahn, einen Klettergarten und den Aqua-Park habe ich auf den Renderings nicht gesehen. Kommt da noch etwas?
Da kommt definitiv noch etwas. Was genau, sagen wir aber noch nicht.
Der Haven wird zum Elevated Haven und öffnet sich mit mehr Sonnendecks auch weiter dem Meer. In Relation zur Norwegian Encore wird dem Schiff-im-Schiff-Komplex in Relation zur Größe des Schiffes deutlich mehr Platz eingeräumt. Wird die Prima-Klasse die Schiffsklasse für NCL´s Luxusreisen?
Wir haben uns mit allen Elementen weiterentwickelt, dazu gehört auch The Haven. Wir haben dafür statt des Courtyards im Inneren mit dem neuen Design des Schiffes die Möglichkeit, den Luxus-Bereich nach hinten zu verlegen und ihn deutlich mehr zu öffnen.
Das kulinarische Angebot setzt auf Bewährtes, teilweise in neuem Look, wie bei der Indulge Food Hall. Jetzt kommt mit The Latin Quarter eine neue Richtung dazu. Geben Sie uns einen Einblick in die Weiterentwicklung des kulinarischen Angebots. Welche Rolle spielen die verschiedenen Märkte von NCL bei der Zusammenstellung?
Es sind gar nicht die verschiedenen Märkte, sondern vielmehr die spannenden neuen Konzepte und Rezepte in der Kulinarik. Besonders wichtig ist uns bei neuen Dingen die Qualität. Ein Vorteil bei unserem internationalen Konzept ist es, dass die Menschen viele neue kulinarischen Dinge entdecken können.
Wir testen ständig neue Dinge, da bringt sich unser Chef Frank Del Rio auch persönlich sehr stark ein. Zum kulinarischen Angebot auf der Norwegian Prima haben wir bald weitere Neuigkeiten.
NCL setzt für das Debüt der Norwegian Prima auf Europa: Das sieht nach einem klaren Bekenntnis zum europäischen Markt aus.
Ja, wir werden die Norwegian Prima direkt sehr intensiv in Europa nutzen. Direkt die erste Kreuzfahrt im August von Amsterdam in Richtung Reykjavik wird super werden und sich sicher schnell verkaufen.
Die Wertschätzung für den europäischen Markt war bei uns immer groß. Wir haben in der ersten Saison mit der Prima-Klasse neun Schiffe in Europa und auch jetzt nach der Corona-Zwangspause startet die erste NCL-Kreuzfahrt in Europa.
Die Wertschätzung für den europäischen Markt war bei uns immer groß. Wir haben in der ersten Saison mit der Prima-Klasse neun Schiffe in Europa und auch jetzt nach der Corona-Zwangspause startet die erste NCL-Kreuzfahrt in Europa.
Kevin Bubolz
Norwegian Breakaway und Norwegian Getaway haben bereits Warnemünde angelaufen. Starthafen war in der Vergangenheit für einige wenige Touren Hamburg für die Norwegian Jade. Erklären Sie die Rolle der deutschen Häfen für NCL.
Sie stehen auf der Liste und wir wachsen weiter. Man sieht anhand des Neustarts der Norwegian Gem in La Romana und der Norwegian Joy in Jamaika, dass wir uns immer neuen Häfen öffnen.
Das sind Häfen, die schon länger auf unserer Liste für künftige Anläufe standen. Jetzt ist es durch Corona schneller gegangen. Über die Zeit werden immer neue Häfen hinzukommen. Das schließen wir auch für die deutschen Häfen nicht aus, konkret ist das aber noch nicht. Am Ende muss es in die globale Planung hineinpassen.
Corona hat die Kreuzfahrt schwer getroffen. Die einst am stärksten wachsende Branche im Tourismus lahmt immer noch. NCL setzt mit gleich sechs Neubestellungen trotzdem klar auf Wachstum. Wie sehen Sie die Entwicklung der Branche?
Die sehen wir sehr positiv. In der Kreuzfahrt besteht nach wie vor noch sehr viel Nachholbedarf. Der geringe Anteil am gesamten Reiseverkehr der Welt bietet noch so viel Potenzial. Dafür brauchen wir neue, innovative Schiffe, speziell auch Innovationen im Bereich der Technik.
Dass die Leute hungrig sind und auf Kreuzfahrt gehen möchten, zeigen auch unsere aktuellen Buchungszahlen. Wir sind derzeit so gut im Voraus gebucht, wie noch nie. Die Durststrecke war enorm, aber ich bin davon überzeugt, dass sich die Lage speziell für die Kreuzfahrt schnell wieder normalisiert.
Das Gespräch führte Christoph Assies