Der Naturschutzbund Deutschland (NABU) hat sein Kreuzfahrt-Ranking 2024 veröffentlicht. Die Wertungsliste führen die norwegischen Marken Hurtigruten und Havila an, dicht dahinter folgen Mein Schiff, Ponant und AIDA. Insbesondere die Mein Schiff 7, der Neuzugang der TUI Cruises-Flotte, wird als „zukunftsweisend“ bewertet, da das Schiff zukünftig mit grünem Methanol betrieben werden soll.
Sönke Diesener, Schifffahrtsexperte des NABU, äußert sich dennoch kritisch: „Bei allem Positiven, wie der deutlich gestiegenen Landstromnutzung und vielen technischen Verbesserungen, geht es noch viel zu langsam! Es ist unverantwortlich, wenn sich eine Branche selbst Ziele steckt, die hinter den Klimazielen der Bundesrepublik zurückbleiben. Deutschland hat im Klimaschutzgesetz das Ziel der Treibhausgasneutralität bis 2045 verankert. Dennoch geben acht der untersuchten Kreuzfahrtunternehmen an, erst 2050 klimaneutral sein zu wollen. Das ist weder akzeptabel noch vermittelbar – insbesondere für eine Freizeitaktivität.”
Kraftstoffverbrauch wird deutlich reduziert
Die derzeit schnellsten Erfolge bei der Reduktion des Kraftstoffverbrauchs werden durch Maßnahmen zur Einsparung erzielt. Diese stehen allen Reedereien zur Verfügung, können schnell flottenweit umgesetzt werden und bieten das Potential, über die Hälfte des Kraftstoffs einzusparen.
Die Spitzenreiter im NABU-Ranking profilieren sich durch eine Vielzahl von Maßnahmen: Batterien, energiesparende Bauweise, langsamere Fahrt und technische Optimierungen von Rumpf bis Propeller reduzieren effizient den Bedarf an fossilen Kraftstoffen. Zentral ist auch die Nutzung von Landstrom, der es ermöglicht, während der Hafenliegezeiten vollständig auf die Motoren zu verzichten. Aktuell scheitert die Nutzung vielerorts am fehlenden Angebot, doch Hafenstädte wie Hamburg, Kiel und Rostock sind Vorreiter und haben frühzeitig entsprechende Anlagen aufgebaut.
Auch auf den unteren Rängen des Rankings zeigt sich Bewegung. Kein Unternehmen ignoriert mehr die Klima- und Umweltfragen, auch wenn die Anzahl der Maßnahmen zur Emissionsminderung geringer ausfällt und die Nutzung von Landstrom weniger verbreitet ist. Schweröl, der schmutzigste aller Kraftstoffe, wird weiterhin breit eingesetzt, obwohl es das Klima, die Umwelt und die Luft stark belastet.
NABU empfiehlt Ammoniak als Treibstoff
Aus Sicht des NABU sei es zentral, sich von fossilen Kraftstoffen zu lösen. LNG führe zu erheblichen Verbesserungen der Luftqualität, da Luftschadstoffe reduziert werden. Allerdings ist das bei der Verbrennung entweichende Methan ein wahrer Klimakiller, stellt der Verein fest.
Auch Biokraftstoffe seien nicht unproblematisch. Palmöl oder andere Anbauprodukte gehörten nicht in die Tanks von Schiffen. Biokraftstoffe auf Abfallbasis würden einem Stoffkreislauf ihren Rohstoff entnehmen, wo dieser dann ersetzt werden muss. Hieraus resultierten laut NABU neue Umweltgefahren, wie zum Beispiel Landnutzungsveränderungen und Entwaldung.
Der NABU empfiehlt daher auf erneuerbare Kraftstoffe nichtbiologischen Ursprungs zu setzen. Kraftstoffe auf Basis von grünem Wasserstoff wie Methanol und Ammoniak seien klare Favoriten.
Wegen der hohen Toxizität von Ammoniak haben nationale und internationale Kreuzfahrt-Reedereien diesen Kraftstoff bisher abgelehnt. Die kommerzielle Frachtschifffahrt und beauftragte Institute arbeiten jedoch weiterhin an Studien zu seinem Einsatz. Ammoniak ist eines der am häufigsten produzierten chemischen Produkte und basiert auf Stickstoff und Wasserstoff. Es ist ein wichtiger Ausgangsstoff für viele Kunstdüngerarten und als Treibstoff attraktiv, da es keinen Kohlenstoff enthält. Bei der Verbrennung entsteht jedoch Lachgas (N2O), ein Treibhausgas, das vollständig aufgefangen werden müsste, um klimaneutral zu sein. Zudem ist Ammoniak stark giftig für Pflanzen und Tiere und hat langfristig toxische Wirkungen auf Fische und wirbellose Wassertiere. Dennoch wird angenommen, dass es bei einem Leck schneller abgebaut wird als das derzeit verwendete Schweröl.
MAN Energy Solutions (MAN ES) plant, noch in diesem Jahr den ersten mit Ammoniak betriebenen Motor auf einem Schiffsneubau in Japan zu installieren.