Kreuzfahrt in Coronazeiten

Reiserecht-Kolumne von Kay P. Rodegra

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Lang­sam und vor­sich­tig neh­men deut­sche und euro­päi­sche Kreuz­fahrt-Ree­de­rei­en unter Anwen­dung von neu­en Hygie­ne­maß­nah­men und Coro­naschutz­kon­zep­ten den Dienst wie­der auf. Doch vie­le Urlau­ber sind ver­un­si­chert, ob Kreuz­fahr­ten so durch­ge­führt wer­den wie gebucht und was pas­siert, wenn Coro­na-Infek­ti­ons­zah­len in den Ziel­län­dern einer Kreuz­fahrt stei­gen? Seit Beginn der Coro­na­kri­se wer­den auch unter Juris­ten kon­tro­ver­se Dis­kus­sio­nen über vie­le neue Situa­tio­nen geführt und Gerich­te haben zuneh­mend mit „Coro­na-Fäl­len“ zu tun.

Eine Kreuz­fahrt ist eine Pau­schal­rei­se, egal, ob die An- und Abrei­se zum Schiff mit zum Rei­se­ver­trag gehört. Der Urlau­ber genießt folg­lich den vol­len Ver­brau­cher­schutz des Rei­se­ver­trags­rechts. Das ist gera­de in Zei­ten von COVID-19 ein gro­ßer Vor­teil.

RÜCKTRITT WEGEN GEFAHRENLAGE

Stellt sich nach Buchung der Kreuz­fahrt her­aus, dass es auf der Rei­se­rou­te oder in unmit­tel­ba­rer Nähe zu unver­meid­ba­ren, außer­ge­wöhn­li­chen Umstän­den kommt, die die Rei­se erheb­lich beein­träch­ti­gen oder gefähr­den, kann der Rei­se­kun­de kos­ten­frei vom Rei­se­ver­trag zurück­tre­ten. Umgangs­sprach­lich wird bei sol­chen Fäl­len auch von höhe­rer Gewalt gespro­chen.
Sol­che Situa­tio­nen kön­nen bei­spiels­wei­se durch Natur­ka­ta­stro­phen (z. B. Stür­me, Erd­be­ben, Vul­kan­aus­brü­che u. a.), Krie­ge oder kriegs­ähn­li­che Hand­lun­gen, mas­si­ve Ter­ror­an­schlä­ge, Reak­tor­un­fäl­le und auch durch Epi­de­mien und Pan­de­mien ent­ste­hen.
Ein Indiz für das Vor­lie­gen eines unver­meid­ba­ren, außer­ge­wöhn­li­chen Umstan­des ist eine Rei­se­war­nung des Aus­wär­ti­gen Amts. Zwin­gend ist eine Rei­se­war­nung jedoch nicht, es kommt auf die jewei­li­ge Situa­ti­on im Ein­zel­fall an.
Die Tat­sa­che, dass vie­le Men­schen auf einem Kreuz­fahrt­schiff zusam­men­tref­fen, stellt für sich allein kei­ne poten­zi­el­le Gefähr­dungs­la­ge dar, wenn an Bord Coro­naschutz­kon­zep­te umge­setzt wer­den.
Anders zu bewer­ten und der­zeit Inhalt von gericht­li­chen Aus­ein­an­der­set­zun­gen, ist die Flug­an­rei­se zum Aus­gangs­ha­fen. Die in einem Flug­zeug auf­grund der hohen Per­so­nen­an­zahl auf engs­tem Raum mög­li­cher­wei­se erhöh­te Anste­ckungs­ge­fahr mit dem Coro­na­vi­rus ist der­zeit umstrit­ten und könn­te dazu füh­ren, dass ein Rei­se­kun­de, der sei­ne Kreuz­fahrt vor Aus­bruch der Coro­na­pan­de­mie gebucht hat, wegen der erhöh­ten Gesund­heits­ge­fahr auf dem Flug kos­ten­frei vom Rei­se­ver­trag zurück­tre­ten kann.

RÜCKTRITT WEGEN VERTRAGSÄNDERUNGEN

Eine kos­ten­freie Absa­ge der Kreuz­fahrt ist für den Rei­sen­den auch mög­lich, wenn der Rei­se­ver­an­stal­ter vor Start der Kreuz­fahrt erheb­li­che Ände­run­gen der Leis­tun­gen erklärt.
Sol­che Ver­trags­än­de­run­gen lie­gen vor, wenn die Rou­te geän­dert wird, diver­se Land­gän­ge gestri­chen oder gebuch­te Leis­tun­gen umfang­reich abge­sagt wer­den.
Vor Gericht lan­den zuneh­mend Fäl­le, bei denen beim Streit zwi­schen Kun­de und Rei­se­ver­an­stal­ter geklärt wer­den muss, ab wann eine Ver­trags­än­de­rung tat­säch­lich erheb­lich ist oder nicht.

RÜCKERSTATTUNG DES REISEPREISES

Tritt der Kun­de wegen einer Gefah­ren­la­ge oder zu erwar­ten­den schwe­ren Beein­träch­ti­gun­gen oder auf­grund erheb­li­cher Ver­trags­än­de­run­gen von der gebuch­ten Kreuz­fahrt­rei­se zurück, hat er Anspruch dar­auf, inner­halb von 14 Tagen sei­nen Rei­se­preis voll­stän­dig erstat­tet zu bekom­men; einen Gut­schein oder auch eine Umbu­chung kann, muss er aber nicht akzep­tie­ren.

BUCHUNG IM PAKET

Wer heu­te eine Kreuz­fahrt bucht, soll­te die An- und Abrei­se zum Schiff mit im Paket beim Rei­se­ver­an­stal­ter buchen, dann unter­liegt bei­spiels­wei­se der Flug zum Start­ha­fen bzw. zurück eben­falls dem recht­li­chen Schutz einer Pau­schal­rei­se. Tritt der Kun­de etwa wegen einer Rei­se­war­nung vom Rei­se­ver­trag zurück, hat den Flug zum Aus­gangs­ha­fen aber sepa­rat gebucht und die­ser fin­det statt, bleibt der Kun­de, je nach Flug­ta­rif, auf Stor­no­kos­ten sit­zen. Gehört der Flug mit zum Rei­se­ver­trag, fal­len kei­ne Stor­no­kos­ten an, weil der Rei­se­ver­trag in sei­ner Gesamt­heit kos­ten­frei rück­ab­ge­wi­ckelt wird.

REISEABBRUCH

Tritt eine Gefah­ren­la­ge oder tre­ten erheb­li­che Beein­träch­ti­gun­gen erst wäh­rend der Kreuz­fahrt auf, kann der Rei­se­kun­de die Rei­se abbre­chen. In einem sol­chen Fall muss der Rei­se­ver­an­stal­ter für die geän­der­te Rück­rei­se aus dem Aus­schif­fungs­ha­fen nach Hau­se sor­gen, soweit die Rück­rei­se mit zum Ver­trags­be­stand­teil des Rei­se­ver­tra­ges gehört. Fal­len dabei Mehr­kos­ten an, muss der Rei­se­ver­an­stal­ter die­se Kos­ten
über­neh­men.

MINDERUNG DES REISEPREISES

Kommt es wäh­rend der Kreuz­fahrt coro­nabe­dingt zu Ände­run­gen, fal­len etwa ver­trag­lich ver­ein­bar­te Häfen, zuge­sag­te Anlan­dun­gen oder Leis­tun­gen an Bord aus, kann der Urlau­ber den Preis min­dern. Da der Anspruch auf eine Preis­min­de­rung kein Ver­schul­den vor­aus­setzt, kann sich
der Rei­se­ver­an­stal­ter auch in Coro­na­zei­ten nicht ent­las­ten und die Schuld von sich wei­sen.

MASKENPFLICHT AN BORD

Einer von der Ree­de­rei bzw. des Rei­se­un­ter­neh­mens ange­ord­ne­ten Pflicht zum Tra­gen einer Mund-Nasen-Mas­ke an Bord muss Fol­ge geleis­tet wer­den. Da das Tra­gen einer Mas­ke der­zeit „mit zu unse­rem All­tag gehört“, stellt die Mas­ken­pflicht wie auch ande­re Infek­ti­ons­schutz­maß­nah­men an Bord kei­nen Rei­se­man­gel, son­dern nur eine ersatz­los hin­zu­neh­men­de Unan­nehm­lich­keit dar.

Die­ser Text ist in CRUCERO 03/2020 erschie­nen und wur­de am 07.10.2020 in der Print­aus­ga­be von CRUCERO ver­öf­fent­licht. Recht­li­che Ein­schät­zun­gen und Recht­spre­chung kön­nen sich zwi­schen­zeit­lich ver­än­dert haben.

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Sen­den Sie eine E‑Mail an redaktion@crucero-magazin.de.
Wir wer­den die Fra­gen unse­rer Lese­rin­nen und Leser sam­meln und eine Aus­wahl der Ein­sen­dun­gen in den fol­gen­den Aus­ga­ben von CRUCERO von Kay P. Rode­gra beant­wor­ten las­sen.

Weitere Informationen

zum Rei­se­recht bei Kreuz­fahr­ten kos­ten­frei unter: www.würzburger-tabelle.de

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