Das Gespräch in Hamburg findet rund drei Wochen nach dem Ausscheiden von Costa Group CEO Michael Thamm statt. Auch in Hamburg war man darüber überrascht. Auf das Tagesgeschäft von Costa Kreuzfahrten hat die Personalie keine Auswirkung. Dr. Rudolph beginnt unser Gespräch mit der ersten Antwort auf eine (noch) nicht gestellte Frage:
Dr. Jörg Rudolph: Wir haben 75. Jubiläum dieses Jahr, das ist natürlich ein toller Geburtstag. Wir haben gerade die Geburtstags-Kampagne gestartet, mit TV- und Radiospots. Das ist schon die dritte Kampagne in diesem Jahr.
Das ist perfekt für mich, weil der deutsche Markt dadurch viel stärker als in der Vergangenheit unterstützt wird. Und es zahlt sich gerade auch tatsächlich sofort aus. Die Gäste sind bereit, jetzt unsere Reisen zu buchen.
Crucero: Was bietet Costa Kreuzfahrten denn konkret als Jubiläumsangebot für die deutschen Gäste?
Dr. Jörg Rudolph: Wir haben 75 Reisen speziell zum Jubiläum kreiert. An Bord werden wir den ganzen Sommer auch spezielle Aktionen bieten. Wir konzentrieren uns außerdem darauf, beliebte Reiseklassiker neu aufzulegen, beliebte Routen und längere Törns.
Crucero: Wird es auch Sammlerstücke zum Jubiläum geben, etwa besondere Schiffsmodelle, Pins oder Ähnliches?
Dr. Jörg Rudolph: Das ist ein guter Hinweis, bislang haben wir das noch nicht geplant. Da werden wir drüber nachdenken.
Crucero: Über die vergangenen Ostertage 2023 hat speziell die Costa Smeralda einige negative Bewertungen erhalten. Die Kritik in den einschlägigen Portalen spricht von „vielen Kindern an Bord“, „es ist zu laut“, andere beklagen, dass man „zu lange auf das Essen warte“. Was war da los?
Dr. Jörg Rudolph: Im April waren auf der Smeralda tatsächlich sehr viele Familien. Durch die direkte Bewertung der Reisen durch die Gäste sind diese Themen gleich bei uns gelandet und wir haben schon für Abhilfe gesorgt. In der Woche nach Ostern haben wir schon wieder sehr gutes Feedback erhalten. Das ist der Vorteil der schnellen Feedbacks, die wir von unseren Gästen abfragen, und da kann das Schiff dann schnell auf Probleme reagieren. Es hat aber tatsächlich nur die Costa Smeralda betroffen, durch die hohe Anzahl von Familien. Von der Costa Toscana und unseren anderen Schiffen gab es solche Meldungen nicht.
Aus: Crucero 02/2023
Costa wird in diesem Jahr 75 Jahre alt. Aus diesem Grund hat Crucero Dr. Jörg Rudolph, Managing Director für Deutschland, in Hamburg getroffen, um über die Pläne zum Jubiläum und die aktuelle Entwicklung der Reederei nach der Pandemie zu sprechen.
Crucero: Ist es vielleicht auch noch ungewohnt für die Kunden, dass nach der Costa Diadema mit knapp 4.000 Passagieren gleich zwei Schiffe mit 6.000 Passagieren zur Flotte kamen? Ist hier möglicherweise eine detailliertere Beratung im Reisebüro notwendig?
Dr. Jörg Rudolph: Es ist vielleicht auch ein Beratungsthema, ja. Ich war gerade in einem deutschen Restaurant an der Ostsee – da sagt kein Mensch was. Da war Totenstille. Wenn ich dann an Bord mit Südländern bin, wird es stimmungsvoller. Wir haben neben deutschen Gästen auch Franzosen, Italiener und Spanier an Bord und da sind Familien impulsiver.
Crucero: Was passiert zukünftig mit Costa Firenze und Costa Venezia? Beide neuen Schiffe mit einer Größe zwischen Costa Diadema und den LNG-Cruisern werden ja zu Carnival wechseln – kommen sie denn auch wieder zurück?
„Ob und wann wir Costa Firenze und Costa Venezia wieder zurückbekommen, wird der
Dr. Jörg Rudolph
Carnival-Vorstand entscheiden.“
Dr. Jörg Rudolph: Offengestanden wissen wir es noch nicht. Die Verkaufszahlen bei uns sind sehr gut. Wir müssen zeigen, dass wir die Kapazitäten auf unseren derzeit neun Schiffen, gut verkaufen können. Die Costa Firenze fährt ja noch bis 2024 bei uns. Und wenn wir weiterhin gut verkaufen, wer weiß… Es bleibt jedoch eine Konzernentscheidung. Und die aktuellen Pläne sind ja bekannt.
Carnival hat sehr genau geschaut, wie sich im Moment welche Märkte entwickeln, und Europa lag lange hinter den USA. Jetzt kommt Europa aber mit einem Verzug von rund acht Monaten mit starker Nachfrage zurück.
Ursprünglich waren diese beiden Schiffe, die Costa Firenze und Costa Venezia, ja auch für den asiatischen Markt geplant. Die Nachfrage dort baut sich gerade erst wieder auf, daher hat der Konzern beschlossen, die Schiffe in den amerikanischen Markt zu überführen.
Ob und wann wir Firenze und Venezia wieder zurückbekommen, wird der Carnival-Vorstand entscheiden.
Crucero: Wünschen Sie sich die Schiffe denn auch zurück?
Dr. Jörg Rudolph: Der Schiffstyp ist gut und wird von unseren Gästen unglaublich positiv angenommen. Die Winter- und Sommerprogramme waren super erfolgreich. Die Costa Firenze ist in diesem Sommer auch sehr gut gebucht.
Crucero: Die älteren Schiffe der Costa-Flotte mit Las Vegas Schick sehen im Vergleich schon anders aus …
Dr. Jörg Rudolph: Die sehen anders aus, deren Entstehung liegt aber auch in einer anderen Zeit.
Crucero: Wird denn überlegt, hier anzupacken und zu modernisieren?
Dr. Jörg Rudolph: Das kann man schon ändern, wenn die Schiffe in die Werft gehen. Aber das ist natürlich eine größere Investition. Sukzessive wird ja modernisiert. Die Costa Diadema war ja gerade in der Werft. Durch neue Farbgestaltung zieht auf den Schiffen ein neues Ambiente ein. Grundsätzlich gehen die Schiffe alle zwei Jahre in die Werft, und da passiert dann schon einiges.
Crucero: Mit dem neuen Logo und dem neuen Markenauftritt wirkt Costa Kreuzfahrten nun sehr viel hochwertiger als früher. Auch das Restaurantkonzept wurde überarbeitet. Ist Costa nun auch in der Lage, höhere Preise für die Reisen abzurufen?
Dr. Jörg Rudolph: Wir versuchen unsere neue Wertigkeit auch einem neuen Preisniveau anzupassen. In der Pandemie haben wir viel im Bereich der Kulinarik verbessert, was zu unmittelbarem, positivem Feedback der Gäste geführt hat. Für einen etwas höheren Preis bekommen unsere Gäste aber auch mehr. Das Preis-Leistungs-Verhältnis ist jetzt so stark wie nie.
Crucero: Wie sieht es mit neuen Routen aus? Sankt Petersburg dürfte auf lange Zeit von den Routenkarten verschwinden. Sind Baltikum-Reisen trotzdem nachgefragt?
Dr. Jörg Rudolph: Sankt Petersburg haben wir auch für 2024 gestrichen. Ostseereisen laufen aber trotzdem gut, besser als im letzten Jahr. Tallinn ist dabei, Helsinki und Stockholm.
Die Planung der Reisen in der Ostsee ist durch weniger Liegeplätze schwieriger geworden, obwohl sich manche amerikanischen Kreuzfahrtmarken hier zurückgezogen haben.
Crucero: Was gibt es denn an neuen Fahrtgebieten?
„Die Pandemie scheint ja nun vorüber zu sein und in Zukunft öffnen wir uns auch wieder für neue Destinationen.“
Dr. Jörg Rudolph
Dr. Jörg Rudolph: Wir hatten überlegt, Indien im nächsten Jahr wieder aufzunehmen, die Pläne wurden aber zunächst aufgeschoben. Indien wird derzeit nur im Rahmen der Weltreise von Costa angefahren. Unsere Reviere sind Südamerika im Winter, die Karibik im Winter, dann Dubai und Emirate, dazu dann das Mittelmeer und die Kanaren. Wir konzentrieren uns im Moment auf die klassischen Kreuzfahrtreviere plus die Weltreise.
In 2024 bieten wir auch Hamburg wieder als Starthafen an. Costa Favolosa fährt von hier im Sommer auf drei verschiedenen Routen in Richtung Lofoten und Nordkap sowie nach Island, Grönland und Schottland. Und nach dem erfolgreichen Türkei Programm im vergangenen Sommer werden wir auch 2024 wieder ab Istanbul fahren. Hier setzen wir die Costa Fortuna ein.
Crucero: Und das ist jetzt auch der Destinationen-Fokus für die nächsten Jahre?
Dr. Jörg Rudolph: Das ist jetzt erst einmal der Fokus für das nächste Jahr 2024. Wir schauen schon, ob und wie wir das Portfolio in Zukunft erweitern. Die Costa Serena startet jetzt in Asien für asiatisches Publikum. Da schauen wir, ob diese Reisen in Zukunft auch international angeboten werden könnten.
Nachdem die Gäste jetzt wieder bereit sind, in weiter entfernte Länder zu reisen, werden wir auch neue Ziele anbieten. Die Pandemie scheint ja nun vorüber zu sein und in Zukunft öffnen wir uns auch wieder für neue Destinationen. Für den nächsten Winter zwar noch nicht, aber da wird etwas Neues kommen.
Crucero: In der Pandemie haben sie das Loyalty-Programm, den Costa Club, überarbeitet. Wie ist da das aktuelle Feedback der Kunden?
Dr. Jörg Rudolph: Am Anfang war hier ein großer Aufschrei, das hat sich aber nach etwa einem Monat wieder gelegt. Sorgen vor Abstufungen waren absolut unbegründet.
Crucero: Braucht man denn überhaupt ein Kundenbindungsprogramm?
Dr. Jörg Rudolph: Ich glaube, ja. Das ist schon sinnvoll. Wir haben jetzt eine einfachere Stufenbezeichnung eingeführt und unseren Stammgästen möchten wir auch Vorteile bieten. Es gibt da eine große Community von loyalen Kunden, auch in Deutschland. Wenn Gäste die entsprechende Stufe erreicht haben, können sie in ein spezielles Restaurant gehen oder in eine Lounge. Das lieben unsere Costa Club-Kunden.
Crucero: Sie bieten auch spezielle Costa-Club Reisen an, richtig?
Dr. Jörg Rudolph: Wir haben zwei bis drei Reisen pro Jahr, die wir für den Costa Club auflegen. Unsere Stammgäste lieben das, dann auf diesen Reisen unter sich zu sein.
Crucero: Welchen Stellenwert hat eigentlich der Costa Fanclub auf Facebook?
Dr. Jörg Rudolph: Wir schauen schon, wenn da Feedback kommt, und reagieren dann auch. Aus dem Club kommen sehr sinnvolle Anmerkungen. Der Fanclub ist aber völlig unabhängig von uns. Das sind langjährige Costa-Gäste, die diesen Fanclub gebildet haben und von Costa begeistert sind. Manchmal kommt da auch negatives Feedback, was aber in Ordnung ist. Die Club-Administratoren moderieren da gewissenhaft und sind mit viel Leidenschaft dabei. Viele Deutsche, die mit Costa reisen, sind schon viele Jahre gute Kunden. Da trifft man sich an Bord oder auch in Chat-Räumen, Urlaube werden zeitlich abgestimmt. Unsere German Hosts an Bord spielen so was dann auch zu uns zurück und erzählen uns, wenn sich Fangruppen treffen.
„Bis zu 70 % unserer deutschen Gäste buchen ein All-Inklusive Angebot. Das ist weiterhin Trend.“
Dr. Jörg Rudolph
Crucero: Wie laufen denn die neuen Busanreisemöglichkeiten von Süddeutschland nach Italien?
Dr. Jörg Rudolph: Die laufen gut.
Crucero: Haben Sie den Eindruck, dass die Busanreise eine Kostenfrage ist oder möchten diese Gäste einfach das Flugzeug nicht nutzen?
Dr. Jörg Rudolph: Die Busanreise nach Savona kostet 249 Euro pro Person. Kunden, die den Bus nutzen, möchten nicht fliegen. Darüber hinaus ist es für diese Gäste auch bequem, zu Hause abgeholt zu werden.
Crucero: Aber eine gewisse Strapaze ist eine Busanreise doch schon, oder?
Dr. Jörg Rudolph: Nach Savona bieten wir das ja nur für den südlichen Teil Deutschlands an. Zustiegspunkte gibt es südlich der Mainlinie. Frankfurt ist dabei die nördlichste Metropole. Die Fahrt dauert ca. acht Stunden. Bis zu drei Fahrer sind dabei und wechseln sich ab. Wir setzen nur 4- oder 5‑Sterne Busse ein, meist Doppeldecker. Die Gäste sitzen im oberen Bereich und im unteren Bereich gibt es ein kleines Bistro.
Crucero: Und die inkludierten Fluganreisen sind Charterflüge?
Dr. Jörg Rudolph: Das kommt auf das Reiseziel an, das sind zum einen Vollcharter zum Beispiel in die Karibik oder Teilkontingente, etwa mit Emirates nach Dubai.
Crucero: Zuletzt noch die Frage: wie sieht es mit All-Inklusive Angeboten aus. Bieten Sie das weiter an?
Dr. Jörg Rudolph: Bis zu 70 % unserer deutschen Gäste buchen ein All-Inklusive Angebot. Das ist weiterhin Trend. Franzosen, Italiener und Spanier machen das nicht in dieser Größenordnung. Deutsche Reisende möchten Kostensicherheit und die bieten wir mit unseren Paketen.
Das Gespräch führte Tobias Lange-Rüb