Jeder hat prinzipiell die Freiheit zu entscheiden, ob und mit wem ein Vertragsabschluss vorgenommen und wie der Inhalt eines Vertrags ausgestaltet wird. Wer eine Kreuzfahrt unternimmt, bucht eine Pauschalreise und schließt mit dem Reiseveranstalter einen Reisevertrag ab.
Grundsätzlich gilt auch beim Abschluss eines Reisevertrages Vertragsfreiheit. Der Reiseveranstalter darf frei darüber entscheiden, mit wem er einen Vertrag abschließt und welchen Inhalt der Vertrag haben soll, soweit nicht gegen allgemeine Verbote oder gesetzliche Vorschriften des Verbraucherschutzes verstoßen wird.
Kreuzfahrt nur für Geimpfte
Bietet ein Reiseveranstalter seine Kreuzfahrten nur für vollständig geimpfte Urlauber an, verstößt das Unternehmen im Rahmen der Vertragsautonomie nicht gegen das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz.
Nach dem Gesetz besteht ein zivilrechtliches Benachteiligungsverbot, das bedeutet, dass niemand aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, wegen des Geschlechts, der Religion, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität benachteiligt werden bzw. von Angeboten zum Abschluss eines zivilrechtlichen Vertrages ausgeschlossen werden darf.
Der Impfstatus einer Person ist im Gesetz jedoch nicht aufgeführt und die Notwendigkeit einer Impfung kann in der derzeitigen Lage der Corona-Pandemie seitens der Reiseveranstalter sachlich begründet werden.
Durch die Einschränkung des Kundenkreises liegt folglich keine unzulässige Diskriminierung vor.
Vorvertragliche Informationspflicht
Bereits im Vorfeld der Buchung einer Kreuzfahrt muss der Reisekunde über die wesentlichen Eigenschaften der geplanten Pauschalreise informiert werden. Hierzu gehört auch, dass der Reiseveranstalter den Reisekunden darüber in Kenntnis setzen muss, wenn die Reise nur für geimpfte Personen ausgeschrieben und angeboten wird.
Nachträgliche Information
Wird ein Reisevertrag über eine Kreuzfahrt abgeschlossen und informiert der Reiseveranstalter den Reisekunden erst anschließend darüber, dass ausschließlich geimpfte Personen an Bord gelassen werden, ergeben sich Ansprüche für den Kunden, der als Ungeimpfter die Reise nicht antreten kann.
Der Reiseveranstalter kann dem Kunden in diesem Fall auch nicht entgegenhalten, dass er sich impfen lassen könnte.
Ob sich der Reisende impfen lässt oder nicht, ist allein seine persönliche Entscheidung; womöglich kann er sich schon aus gesundheitlichen Gründen keiner Corona-Impfung unterziehen.
Der Reisekunde kann zunächst den kostenfreien Rücktritt vom Vertrag erklären und auf eine sofortige Rückzahlung des Reisepreises bzw. seiner Anzahlung bestehen. Der Reiseveranstalter muss die Zahlung innerhalb von 14 Tagen nach Eingang der Rücktrittserklärung leisten.
Dieses gilt auch, wenn eine Familienreise gebucht wurde und nur einzelne Familienmitglieder, z.B. Kinder, ungeimpft sind.
Obwohl der Reiseveranstalter für die Corona-Pandemie nicht verantwortlich ist und die „Impfpflicht für Passagiere“ sachlich begründen kann, ergeben sich für den Reisekunden auch Schadensersatzansprüche, wenn der Reiseveranstalter im Rahmen des Vertragsabschlusses nicht über den notwendigen Impfnachweis informiert hat.
Der Reisekunde kann Schadenersatz für bereits im Vertrauen auf Durchführung der Reise gemachte Ausgaben (z.B. Kosten für einen Flug zum Hafen) geltend machen, ferner ist ggf. ein Anspruch auf Schadensersatz wegen entgangener Urlaubsfreude denkbar.
Änderungen nach Vertragsabschluss
Wenn die Zielgebiete der Kreuzfahrt jedoch erst nach Vertragsabschluss die Anweisung erteilen, dass das Anlaufen eines Kreuzfahrtschiffes davon abhängig gemacht wird, dass nur gegen Corona geimpfte Personen an Bord sind, kann sich der Reiseveranstalter mit entsprechenden Nachweisen entlasten und ein Schadensersatzanspruch des Reisekunden, der die Reise mangels Impfung nicht antreten kann, ist nicht begründet und durchsetzbar.
Landgänge nur für Geimpfte
Gibt es bei der Ausschreibung und Buchung der Kreuzfahrt keine Vorgaben zum Impfstatus seitens des Reiseveranstalters, dürfen Ungeimpfte jedoch in den vereinbarten Häfen aufgrund örtlicher Bestimmungen nicht von Bord, so muss der Reiseveranstalter auch hierüber informieren.
Kommt es erst nach Vertragsabschluss zu den entsprechenden behördlichen Anordnungen in den Zielländern, muss eine sofortige Information an den Kunden erfolgen.
Da es zu den vertraglichen Leistungen gehört, in den geplanten Häfen von Bord gehen zu können, kann der ungeimpfte Reisekunde, der nicht von Bord dürfte, wegen erheblicher Änderungen des Vertrages kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten.
Sind zahlreiche Häfen auf der Kreuzfahrtroute geplant und es ist nur in einem Hafen für Ungeimpfte untersagt, das Schiff zu verlassen, liegt jedoch keine erhebliche Änderung vor, so dass der Urlauber nicht kostenfrei zurücktreten kann, gleichwohl liegt aber ein minderungsfähiger Reisemangel vor.
Wann letztendlich die Schwelle zur erheblichen Änderung überschritten ist, muss im Einzelfall bewertet werden. Erfährt der Reisekunde vom Verbot der Landgänge erst an Bord, liegt ebenfalls ein Reisemangel vor und der Reisepreis kann je nach Schwere der Beeinträchtigung im konkreten Fall gemindert werden.
Dieser Text ist in CRUCERO 03/2021 erschienen und wurde am 08.09.2021 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich verändern.
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zum Reiserecht bei Kreuzfahrten kostenfrei unter: www.würzburger-tabelle.de