Viele Menschen mit körperlichen Einschränkungen sind reisefreudig, scheuen aber wegen befürchteter Strapazen und Hindernissen eine Kreuzfahrt. Die Sorge ist jedoch in vielen Fällen unbegründet und eine Kreuzfahrt bietet sich eigentlich geradezu an, wenn man trotz Handicaps oder Rollstuhl nach einer unbeschwerten Reiseart sucht.
Der Gesetzgeber hat den Touristikunternehmen zudem viele Pflichten auferlegt, damit mobilitätseingeschränkte Urlauber auf Reisen gehen können.
Pauschalreise
Wer eine Kreuzfahrt unternimmt, bucht eine Pauschalreise und das verbraucherfreundliche Reisevertragsrecht nach § 651a ff. BGB findet Anwendung.
Mit Einführung des neuen Reisevertragsrechts im Jahr 2018 wurden Reiseveranstalter stärker dahin gehend in die Pflicht genommen, Kunden mit einer Behinderung umfangreich über angebotene Reisen zu informieren und auch während der Reise Hilfe anzubieten. Bereits vor der Buchung muss der Reiseveranstalter Angaben darüber machen, ob die Kreuzfahrt und auch angebotene Ausflüge für Personen mit eingeschränkter Mobilität geeignet sind.
Enthalten die vorvertraglichen Informationen des Reiseveranstalters hierüber keinerlei Aussage, kann der Reisende im Umkehrschluss davon ausgehen, dass die Durchführung der Reise möglich ist.
Wer aber eine barrierefreie Kabine auf einem Schiff benötigt, muss diese konkret anfragen und sich vertraglich bestätigen lassen, die Angabe eines Kundenwunsches im Rahmen der Buchung genügt nicht.
Kommt der Urlauber während der Reise in Schwierigkeiten, muss der Reiseveranstalter Beistand leisten. Ist etwa aus gesundheitlichen Gründen ein Abbruch der Kreuzfahrt notwendig, muss der Reiseveranstalter weiterhin als Ansprechpartner für den Reisekunden da sein und ihn beispielsweise über Gesundheitsdienste vor Ort, Behörden oder konsularische Unterstützung, aber auch bezüglich anderer Reisemöglichkeiten informieren.
Ebenso erhält der mobilitätseingeschränkte Reisende und dessen Begleitperson mehr Schutz als andere Urlauber, sollte es im Rahmen der Kreuzfahrt zu unvorhersehbaren, außergewöhnlichen Umständen kommen. Gehört zum Beispiel der Rückflug von einer Kreuzfahrt mit zum Reisevertrag und wird dieser sturmbedingt annulliert, muss der Reiseveranstalter während der gesamten Wartezeit auf einen Ersatzflug weiterhin eine Übernachtung zur Verfügung stellen. Andere Urlauber erhalten diese Hilfe nur für höchstens 3 Tage. Wichtig zu wissen: Der Reiseveranstalter muss diese zusätzliche Unterstützung in einem solchen Fall nur erbringen, wenn er vor Antritt der Reise, über die Mobilitätseinschränkung informiert wurde.
Insgesamt ist es für alle Urlauber ratsam, sämtliche Reiseleistungen bei einer Kreuzfahrt, also auch die An- und Abreise zum Hafen, mit im Paket beim Reiseveranstalter zu buchen, denn nur dann werden alle Reiseleistungen vom umfangreichen Schutz des Reisevertragsrechts umfasst.
Schutz durch EU-Regeln
Es gibt auch europarechtliche Verordnungen, die Touristikunternehmen dazu verpflichten, gehandicapten Urlaubern kostenfreie Hilfe zu geben, um eine Kreuzfahrt durchführen zu können.
Hilfeleistungen
Gegenüber dem Hafen- und Schiffsbetreiber hat der betroffene Passagier aufgrund der EU-Verordnung Nr. 1177/2010 Anspruch darauf, kostenfreie Unterstützung bei der Ein- und Ausschiffung zu erhalten. Die Verordnung gilt für alle Kreuzfahrten, bei der die Einschiffung im Hoheitsgebiet eines EU-Mitgliedsstaates liegt.
Beispiele für Unterstützungsleistungen sind die Hilfe vom Eingang des Hafenterminals zum Check-in und von dort zum Schiff zu gelangen, die Abfertigung aller notwendigen Mobilitätshilfen (auch elektrische Rollstühle) und Hilfe bei der Ausschiffung und beim Passieren der Einreise- und Zollkontrollstellen.
Wer Hilfe benötigt, muss seinen Wunsch 48 Stunden vorher beim Reiseveranstalter bzw. Reederei und Terminalbetreiber anmelden. Der Passagier ist ferner dazu verpflichtet, 60 Minuten vor der Einschiffungszeit am Terminal einzutreffen. Zudem besteht die weitere Verpflichtung, bereits bei der Reisebuchung darauf hinzuweisen, dass Hilfeleistungen benötigt werden.
Anreise zum Schiff
Auf der Anreise zum Hafen und bei der Rückreise können gehandicapte Passagiere ebenfalls kostenfreie Unterstützung beanspruchen, wenn sie mit dem Flugzeug oder der Bahn anreisen.
Flugzeug
Wer per Flugzeug reist, erhält kostenfrei Unterstützung aufgrund der EU-Verordnung Nr. 1107/2006, die für alle Flüge ab einem Flughafen der EU und für Flüge von einem Drittstaat (z.B. USA) in die EU mit einer EU-Airline gilt. Ebenso werden Flughäfen in der EU in die Pflicht genommen und müssen kostenlose Hilfe anbieten.
Dem Passagier muss dabei geholfen werden, den jeweiligen Abfertigungsschalter zu finden und die Gepäckaufgabe zu erledigen, zum Abfluggate zu gelangen, an Bord und zum Sitz im Flugzeug zu kommen, ebenso erhält man beim Aussteigen aus dem Flieger Hilfe. Der Flugpassagier darf kostenfrei bis zu zwei Mobilitätshilfen (Rollator, Rollstuhl u.a.) mitnehmen.
Die Fluggesellschaft darf die Mitnahme eines mobilitätseingeschränkten Passagiers nur verweigern, wenn sicherheitsrelevante Gründe vorliegen. Die Mitnahme von Mobilitätshilfen kann nur verwehrt werden, wenn sich nicht genügend Platz im Flugzeug findet.
Wünsche nach Hilfeleistungen müssen 48 Stunden vorher angemeldet werden. Ansprechpartner sind die Fluggesellschaft und der Reiseveranstalter, sofern der Flug Teil des Reisevertrages ist.
Bahn
Für Bahnreisende mit Behinderung bzw. Mobilitätseinschränkungen enthält die EU-Verordnung Nr. 1371/2007 wichtige Vorgaben.
Es muss beispielshalber darüber informiert werden, welche Bahnhöfe mit Personal ausgestattet sind, sodass Hilfe beim Ein- und Aussteigen aus dem Zug bzw. beim Umsteigen zur Verfügung steht.
Wer beim Bahnfahren Hilfe benötigt, muss den Wunsch danach mindestens 48 Stunden vorher anmelden. Ansprechpartner bei der Deutschen Bahn ist die Mobilitätsservice-
Zentrale (MSZ).
Direktkontakte zu barrierefreiem Reisen
AIDA: 0381 / 20 27 07 07, barrierefreiheit@aida.de
TUI Cruises: 040 / 600 01–5111, spezialservice@tuicruises.com
HL Cruises: 040 / 30 70 30 — 70, verkaufsteam@hl-cruises.com
Costa Kreuzfahrten: 040 / 570 12 13 16
MSC Cruises: 089 / 203 04 38 01
Deutsche Bahn Mobilitätsservice: 030 / 65 21 28 88, msz@deutschebahn.com
www.einfach-teilhaben.de
Webportal des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales
www.bsk-ev.org
Bundesverband Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., Altkrautheimer Str. 20
74238 Krautheim, 06294 4281–0
www.bsk-reisen.org
Tochtergesellschaft des Bundesverbandes Selbsthilfe Körperbehinderter e.V., spezialisiert auf barrierefreies Reisen für Menschen mit und ohne Behinderung