Das Coronavirus hat die Tourismusbranche fest im Griff. Viele Urlauber möchten ihre bereits gebuchten Kreuzfahrten stornieren. Umgekehrt haben zahlreiche Reiseveranstalter Kreuzfahrten abgesagt. In solchen Fällen gibt es zwischen Urlaubern und Reiseveranstaltern regelmäßig Streit darüber, ob Stornokosten bei einem Rücktritt des Kunden anfallen oder ob ein Reiseveranstalter eine Reise entschädigungslos absagen kann.
Kommt es nach der Buchung einer Kreuzfahrt an den Reisezielen entlang der Route oder in unmittelbarer Nähe zu unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, die die Reise erheblich beeinträchtigen oder gefährden, kann der Reisekunde kostenfrei vom Reisevertrag zurücktreten.
Im allgemeinen Sprachgebrauch wird bei solchen Ereignissen auch von höherer Gewalt gesprochen. Solche Situationen können beispielsweise durch Naturkatastrophen (z.B. Stürme, Erdbeben, Vulkanausbrüche u.a.), Kriege oder kriegsähnliche Handlungen, massive Terroranschläge, Reaktorunfälle oder auch Epidemien bzw. Pandemien entstehen.
Es handelt sich also um ein Ereignis, das nicht aus der Risikosphäre des Reisekunden oder des Reiseveranstalters kommt. Ein Indiz für das Vorliegen eines unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umstandes ist eine Reisewarnung des Auswärtigen Amts oder auch der Weltgesundheitsorganisation (WHO).
Tritt der Kunde aus diesem Grund vom gebuchten Urlaub auf dem Wasser zurück, hat er Anspruch darauf, innerhalb von 14 Tagen seinen Reisepreis vollständig erstattet zu bekommen, weitere Ansprüche hat er jedoch nicht.
Reiseveranstalter sagt Kreuzfahrt ab
Der Reiseveranstalter kann ebenfalls die Reise absagen, wenn es ihm aufgrund von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen nicht mehr möglich ist, den Reisevertrag zu erfüllen. Der Reisepreis ist auch in diesem Fall unverzüglich und ohne Abzüge zu erstatten.
Will er die Kreuzfahrt aber nur aus wirtschaftlichen Gründen nicht durchführen, kann der Reiseveranstalter seinen Rücktritt nicht auf besondere Ereignisse in einem Land oder in einer Region stützen und dem Reisekunden entstehen Schadensersatzansprüche, etwa wegen entgangener Urlaubsfreude oder unnützer Aufwendungen.
Reiseabbruch
Tritt eine Gefahrenlage bzw. treten erhebliche Beeinträchtigungen erst während der Kreuzfahrt ein, so kann der Passagier die Reise abbrechen. In einem solchen Fall muss der Reiseveranstalter für die vorzeitige Rückreise aus dem Ausschiffungshafen nach Hause sorgen, soweit die Rückreise mit zum Vertragsbestandteil des Reisevertrages gehört. Fallen dabei Mehrkosten an, muss der Reiseveranstalter diese Kosten übernehmen.
Spätere Rückreise
Verzögert sich die Rückreise vom Ausschiffungshafen aufgrund unvermeidbarer, außergewöhnlicher Umstände, und gehört die Rückbeförderung mit zum Reisevertrag, muss der Reiseveranstalter den Kunden weiterhin betreuen und für bis zu 3 weitere Nächte die Kosten für eine Unterbringung in vergleichbarer Kategorie übernehmen.
Die Beschränkung auf 3 Tage kann der Veranstalter in einigen Fällen aber nicht vornehmen, beispielsweise bei Reisekunden mit eingeschränkter Mobilität und deren Begleitpersonen, Schwangeren, unbegleiteten Minderjährigem
oder Personen, die besondere medizinische Hilfe benötigen, soweit diese Personenkreise 48 Stunden vor Start der Reise auf ihre besonderen Bedürfnisse hingewiesen haben.
Minderung des Reisepreises
Kommt es aufgrund der Coronaproblematik zu Beeinträchtigungen während der Kreuzfahrt, fallen etwa vertraglich vereinbarte Häfen oder Anlandungen aus, kann der Urlauber den Preis mindern. Da der Anspruch auf eine Preisminderung kein Verschulden voraussetzt, kann sich der Reiseveranstalter nicht entlasten und die Schuld von sich weisen.
Dieser Text ist in CRUCERO 02/2020 erschienen und wurde am 08.04.2020 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich zwischenzeitlich verändert haben.
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