Wenn tausende Passagiere ihren Urlaub auf einem Schiff verbringen, bleibt es nicht aus, dass es an Bord auch mal zu einem Unfall kommt. In vielen Fällen verwirklicht sich dabei das sogenannte allgemeine Lebensrisiko, so dass der Urlauber weder die Reederei noch den Reiseveranstalter haftbar machen kann.
Gerichte müssen oft darüber urteilen, bei welchen Unglücksfällen eines Urlaubers sich das allgemeine Lebensrisiko verwirklicht hat oder wann es zu einer Haftung des Reiseveranstalters kommt.
Sturz im Hafen
Kommt ein Urlauber bei der Einschiffung im Hafen auf einer Rolltreppe ins Stolpern und verletzt sich sturzbedingt, so fällt dies in seinen Risikobereich (OLG Koblenz, Az. 10 U 146/11). Bricht beim Betreten die Gangway zum Schiff zusammen, haftet der Reiseveranstalter nur dann auf Schadensersatz, wenn er seine Verkehrssicherungspflicht nicht beachtet hat (LG Frankfurt/M. Az. 2/19 O 298/01).
Glätte an Deck
Mit Nässe in Poolnähe muss jeder rechnen, so dass beim Ausrutschen im Nassbereich keine Haftung des Reiseveranstalters gegeben ist (AG Rostock, Az. 47 C 29/11). Rutscht ein Passagier aber in einer Toilettenanlage an Deck aus, weil ein extrem rutschiger Boden aus Edelstahlrost verbaut ist, muss der Reiseveranstalter Schadensersatz leisten (OLG Frankfurt, Az. 16 U 226/13).
Ebenso besteht eine Haftung des Reiseveranstalters, wenn bei der Deckreinigung mit Wasser kein Warnschild aufgestellt wird und der Urlauber glättebedingt zu Fall kommt (LG Frankfurt/M. 2/24 O 126/10). Wurde hingegen ein Warnschild aufgestellt, besteht bei einem Glättesturz keine Haftung (AG Offenbach, Az. 36 C 477/07).
Verletzungen an Deck
Auf Deck muss nicht überall auf eine mögliche Sturzgefahr hingewiesen werden. Kommt ein Urlauber beim nächtlichen Gang über das Deck beim terrassenförmigen Liegebereich zum Sturz und verletzt sich, kann er keine Ansprüche gegenüber dem Reiseveranstalter geltend machen (AG Rostock, Az. 47 C 202/12). Befinden sich in Nähe des Pools Glassplitter, trifft den Reiseveranstalter eine erhöhte Sorgfaltspflicht. Verletzt sich ein barfüßiger Passagier, haftet der Reiseveranstalter und der Reisepreis kann gemindert werden und es besteht zusätzlich Anspruch auf Schadensersatz (OLG Rostock, Az. 5 U 40/10).
Sportunfälle
Auf einem erkennbar nassen Volleyballfeld rutscht ein Reisender aus und verletzt sich: Kein Anspruch auf Schadensersatz (LG Darmstadt, Az. 13 O 577/05). Ebenso besteht keine Haftung, wenn ein Passagier bei Seegang das Fitnessstudio besucht und bei einer Übung stürzt (OLG Koblenz, Az. 5 U 351/18).
Seegang
Stürmische See ist auf einer Kreuzfahrtreise nicht auszuschließen. Wer in seiner Kabine bei Wellengang zu Schaden kommt, hat keinen Anspruch gegen den Reiseveranstalter (LG Bremen, Az. 7 O 124/03). Gleichfalls besteht keine Haftung, wenn bei Seegang eine Tür zuschlägt und ein Urlauber dabei verletzt wird (LG Düsseldorf, Az. 16 O 190/89).
Relaxen
Wer auf dem Balkon seiner Kabine genüsslich in einer Hängematte chillt und herausfällt, kann keinen Regress fordern (AG Rostock, Az. 47 C 359/13).
Ausschiffung
Am Abend vor der Ausschiffung stehen auf vielen Schiffen in Kabinengängen bereits Koffer für den Abtransport. Vorsicht ist geboten. Wer über einen Koffer stolpert, kann kein Schmerzensgeld fordern (OLG Rostock, Az. 1 U 71/13).
Gut versichert
Unfälle an Bord können immer mal passieren. Eine Verletzung oder auch Erkrankung auf einem Schiff kann aber teuer werden. Auf einem Kreuzfahrtschiff befindet man sich im Ausland, da kein Schiff unter deutscher Flagge fährt. Eine Auslandskrankenversicherung gehört deshalb unbedingt mit auf eine Kreuzfahrt.
Die Versicherung übernimmt die Kosten einer ärztlichen Behandlung im Ausland bzw. an Bord, für medizinisch notwendige Transporte und auch für den Rücktransport des Unfallverletzten oder erkrankten Urlaubers nach Deutschland. Zu den Leistungen der Auslandskrankenversicherung sollte gehören, dass der Rücktransport nach Deutschland übernommen wird, wenn es „medizinisch sinnvoll“ und nicht nur „notwendig“ ist. Ebenso sollte die Versicherung auch Bergungs- und Rettungskosten übernehmen, ansonsten sollte zusätzlich eine Unfallversicherung abgeschlossen werden.
Dieser Text ist in CRUCERO 04/2019 erschienen und wurde am 09.10.2019 in der Printausgabe von CRUCERO veröffentlicht. Rechtliche Einschätzungen und Rechtsprechung können sich zwischenzeitlich verändert haben.
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