Das Landgericht Hamburg hat am 9. August 2024 entschieden, dass die TUI Cruises GmbH ihre Werbeaussagen bezüglich einer vollständigen Dekarbonisierung bis 2050 nicht mehr in der bisherigen Form verwenden darf. Das Urteil erging unter dem Aktenzeichen 315 O 9/24 ist noch nicht rechtskräftig. Geklagt hatte die Deutsche Umwelthilfe (DUH).
Werbeaussagen auf dem Prüfstand
Im Mittelpunkt des Verfahrens stand die Ankündigung von TUI Cruises, bis zum Jahr 2050 einen „dekarbonisierten Kreuzfahrtbetrieb (Net zero)“ zu erreichen. Diese Zielvorgabe wurde unter anderem damit begründet, dass sogenannte Dual-Fuel-Schiffe mit LNG (Liquefied Natural Gas) betrieben werden sollen. Die Deutsche Umwelthilfe (DUH) reichte eine Klage ein, in der sie die Auffassung vertrat, dass diese Werbeaussagen irreführend seien, da sie auf einer unzureichenden und unklaren Grundlage basierten.
Das Gericht stellte fest, dass solche langfristigen Werbeversprechen die Kaufentscheidungen der Verbraucherinnen und Verbraucher beeinflussen können und daher einer besonders strengen Prüfung unterliegen müssen. Insbesondere wurde die Verwendung von fossilem LNG kritisiert, wenn in der Werbung Bio-LNG gemeint ist, das derzeit noch nicht in ausreichendem Maße verfügbar ist.
Das Landgericht führt in seinem Urteil aus: „Auch Ziele eines Unternehmens können Auswirkungen auf die gegenwärtige Verbraucherentscheidung haben. (…) Ein wesentlicher Teil der angesprochenen Verkehrskreise hat in Zeiten des menschengemachten Klimawandels und in dem Wissen, dass es sich bei Kreuzfahrten um energieintensives Reisen handelt, ein gesteigertes Interesse an umweltbezogenen Maßnahmen der Beklagten. Dieser Teil der Verkehrskreise ist dazu geneigt, sich vor der Buchung über die von der Beklagten getroffenen und geplanten klimabezogenen Maßnahmen auf der Webseite der Beklagten zu informieren und seine Geschäftsentscheidung von den (angekündigten) Maßnahmen abhängig zu machen.“
Folgen für zukünftige Werbeaussagen
Die Entscheidung könnte Auswirkungen auf zukünftige Werbeaussagen von Unternehmen haben, die mit langfristigen Klimazielen werben. Das Gericht machte deutlich, dass die Kommunikation solcher Ziele gegenüber den Verbraucherinnen und Verbrauchern nachvollziehbar und durch realistische Maßnahmenpläne gestützt sein muss.
Der Bundesgeschäftsführer der DUH, Jürgen Resch, sagte, derlei Werbung sei in vielen Fällen unzulässig. „Das heutige Urteil gegen TUI Cruises ist richtungsweisend für die Überprüfung vieler Werbeaussagen, mit denen Unternehmen damit werben, in einigen Jahren besonders klimafreundlich sein zu wollen, obwohl sie es jetzt bei Weitem nicht sind.“
Urteil noch nicht rechtskräftig, TUI Cruises prüft Berufung
Das Urteil des Hamburger Landgerichts ist noch nicht rechtskräftig. TUI Cruises hatte zuvor beantragt, die Klage abzuweisen. Insbesondere, weil die infrage stehende Aussage zu einer Dekarbonisierung nicht Bestandteil eines Buchungsprozesses einer Kreuzfahrt sei. Vielmehr handele es sich „um eine ergänzende Darstellung für die Zukunft, während TUI Cruises ihre heutigen Dienstleistungen in erster Linie im Hinblick auf den Erholungs- und Urlaubswert vermarkte“. Die Angabe über das Fernziel habe aus Sicht des Verbrauchers allenfalls eine geringe Bedeutung für die Bewerbung der Dienstleistung oder des Unternehmens. Vordergründig seien das Reiseziel der Kreuzfahrt, der Preis und die Ausstattung der Kabinen.
Dieser Auffassung folgte das Landgericht Hamburg nicht. Über eine mögliche Berufung hat das Hanseatische Oberlandesgericht (OLG) zu entscheiden.
TUI Cruises-Sprecher Kuzey Esener betonte in einer ersten Stellungnahme zum Urteil, dass „die Grafik unseres Fahrplans zur Dekarbonisierung (Klimaschutz Roadmap), die Gegenstand des Verfahrens war, bereits seit mehr als einem halben Jahr entsprechend angepasst“ sei.
Unabhängig vom Urteil des Landgerichts Hamburg werde man bei TUI Cruises die „Nachhaltigkeitsstrategie 2030“ weiter umsetzen und an den Klimazielen festhalten. Ob gegen das Urteil Berufung eingelegt wird, wird von TUI Cruises derzeit geprüft.